Ein Staat kontrolliert und koordiniert soziale Bemühungen in verschiedenen Bereichen. Es geht immer darum, einen Rahmen für das soziale Zusammenleben zu schaffen. Anmerkung für den Fall das Du mit dem Wort ``sozial'' ein Problem hast: Ich benutze es wertfrei für jede Art menschlicher Interaktion. In diesem Sinne ist Ausbeutung auch eine soziale Handlung. Alles klar?
Entsprechend der klassischen Meinung kann ein Staat unter anderem die folgenden Aufgabengebiete abdecken oder zumindest Einfluss nehmen:
Die anderen Aufgaben eines Staates sind geographisch noch weniger gebunden. Ein Staat hat hauptsächlich den Zweck Regeln für seine Bürger aufzustellen und durchzusetzen und die Umverteilung der Ressourcen seiner Bürger zu regeln.
Deswegen schlage ich vor, die soziale Organisation (in anderen Worten Staaten ) von der geographischen Lage los zu lösen. Dieser Vorschlag hat einige wichtige Auswirkungen. Zum ersten mal in der Geschichte könnten die Menschen die Gesellschaft, in der sie leben wollen, frei wählen. Sie wählen nicht zwischen, meistens sehr ähnlichen synthetischen Aromen des gleichen althergebrachten, tatsächlich wählen sie ihren Staat unabhängig von ihrem Wohnort. Das war bisher nicht möglich, da die Infrastruktur nicht vorhanden war. Große Nationen haben immer unter der Entfernung der Regierung zu den entlegenen Regionen gelitten. Das Problem bei dieser Entfernung war weniger geographischer Natur sondern ein zeitliches. Es ist schwer zu regieren, wenn man mit einer Zeitverzögerung von Wochen rechnen muss, bis Befehle die Außenbezirke erreichen. Wenn jeder sofortigen Zugang zu Informationen aus aller Welt hat und fast jeden noch so abgelegenen Winkel in wenigen Stunden erreichen kann, dann werden plötzlich Dinge möglich, die sich keiner hätte träumen lassen.
Also warum sollte ein religiöser Fundamentalist gezwungen sein unser modernes Gomorrha zu ertragen? Könnte er nicht in einer von seiner Lehre regierten Gesellschaft leben, solange wie er mich in Ruhe lässt? Warum sollten Menschen, die immer noch mit einer Art sozialem Gewissen liebäugeln, gezwungen sein, nach den Regeln des Neo Liberalismus zu leben? Warum müssen Konservative zusehen wie ihre Werte - Familie, ungeborenes Leben, was auch immer- von ihren Mitmenschen mit Füßen getreten werden? Diese Liste könnte erheblich verlängert werden, aber ich denke es ist klar was ich meine.
Wenn jedermann seine Gesellschaft wählen könnte ohne sein Heim, seine Freunde, seine Arbeit- kurz sein Leben - aufgeben zu müssen, dann könnte das soziale Miteinander für jeden sehr viel befriedigender sein.
Soziale Evolution würde sich erheblich beschleunigen. Menschen mit neuen Ideen eine Gesellschaft zu organisieren, könnten diese einfach ausprobieren. Ich nehme an die Mindestzahl an Leuten für eine funktionierende Gesellschaft sollte so um die Hunderttausend oder vielleicht ein paar Millionen liegen. (Das ist die Größe der kleinsten National Staaten in Europa). Demnach könnte jede Idee, die einen von zehntausend überzeugt, eine Chance bekommen getestet zu werden. (Teile die Welt Population von sechs Billionen durch zehntausend und Du bekommst eine ansehnliche Gesellschaft von 600 000) Im Gegensatz hierzu ist es so gut wie unmöglich, radikal andere Ideen in einer Demokratie zu testen. Hierfür würdest Du nicht einen aus 10 000 sondern die Hälfte oder zwei Drittel der Bevölkerung (im Grunde brauchst du nur die Regenbogen Presse was fast das Gleiche ist) benötigen. Und gute Ideen würden sich wahrscheinlich ausbreiten und von anderen Gesellschaften übernommen werden. Die Entwicklung der Gesellschaft wäre eher kontinuierlich anstelle der kleinen Schritte die jetzt alle paar Jahrzehnte während sozialer Krisen stattfinden.
Ein ernstes Problem bei dieser Idee ist, dass die resultierenden Systeme innerlich instabil sein könnten. Die Menschen tendieren dazu, sich einfach nicht gegenseitig in Ruhe zu lassen. Toleranz ist immer noch eine seltene Tugend. Das System könnte in sozialen Spannungen zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Gesellschaften führen. Diese Spannungen könnten sich - wie es in der Vergangenheit schon geschehen ist - in Aufruhr, Progromen und sogar Bürgerkriegen entladen. Aber das System könnte die Menschen auch Toleranz lehren, so das diese Probleme auf lange Sicht weniger stark auftreten.
Auf jeden Fall besteht die Notwendigkeit diese Probleme zu verhindern. Ebenso gibt es immer noch einige geographisch gebundene Aufgaben für die eine Kooperation zwischen verschiedenen - möglicherweise vielen - Gesellschaften notwendig ist. Um diese Aufgaben zu behandeln wird eine Meta Verfassung benötigt. Ich meine nicht so etwas wie die UNO. Die UNO beschäftigt sich hauptsächlich mit globalen Themen und so was wie die UNO wäre in dem hier vorgeschlagenen System immer noch notwendig. Aber die Meta Verfassung muss auch den Entscheidungsfindungsprozess wo die neue Umgehungsstraße gebaut wird, und wer dafür bezahlen muss, regeln. (z.B. könnten demokratisch konstituierte lokale Komitees das entscheiden). Die Meta Verfassung muss auch festlegen welche Gesetze bei Dingen, die zwischen den Gesellschaften zu regeln sind, Anwendung finden, wie das Strafrecht der Gesellschaft des Opfers, in Zivilrechtlichen Fragen das Gesetz des Käufers, des Klägers oder was immer. Es muss Regeln zur Verhinderung der Expansion von territorialen Ansprüchen geben, z. B. Meta konstitutionelle Regeln, die Vermieter davon abhalten, ihren Mietern die Gesetze ihrer Gesellschaft aufzuzwingen. Und sicherlich gibt es viele andere Dinge die eine Meta Verfassung regeln müsste.
Eine funktionierende Meta Verfassung zu erschaffen ist sicher keine triviale Aufgabe, aber es erscheint auch nicht unmöglich. Insbesondere da Strafrecht und Verfassungen sich in den verschiedenen Ländern weltweit schon sehr ähneln.
Ebenso sind da viele Dinge, die eine Meta Verfassung nicht regeln sollte. Sie braucht sich nicht um Menschenrechte oder bürgerliche Pflichten zu kümmern. Sie muss dem Individuum nur den Schutz der Verfassung seiner Gesellschaft garantieren und muss den ersten Paragraphen durchsetzen:
Es muss jedem ohne Behinderung oder Erschwernisse frei stehen, die Gesellschaft, die ihm gefällt, frei zu wählen, vorrausgesetzt die ausgewählte Gesellschaft akzeptiert ihn. Entsprechend darf keine Gesellschaft daran gehindert oder behindert werden, ein Individuum, das diese Gesellschaft ausgewählt hat, aufzunehmen.
Thorsten Roggendorf 2009-07-04