Kreutzer kommt, sieht, siegt

Rezension der Sendung „Kreuzer kommt … ins Krankenhaus“, kulturelle und ökonomische Einordnung.

Ein Neugeborenes, ein krebskranker Junge, ein Mann mittleren Alters mit der modisch gerade diktierten Antwort auf Haarausfall. Drei Glatzen in einem einzigen großartigen Bild. Ein Kabinett absurder Situationen, das an Monty Python erinnert. Schwärzester Zynismus. In einer Menagerie grotesker seelischer Krüppel ist die einzig scheinbar halbwegs intakte Persönlichkeit die Mörderin.

Deutschland ist Krimiland. Das Flaggschiff deutscher Fernsehunterhaltung ist ein Krimi und die Konkurrenz ist riesig. Lücken im Krimiprogramm füllen hervorragende skandinavische und britische Produktionen. Wie soll gegen diese öffentlich rechtliche Großmacht ein kommerzielles Angebot ein Geschäft machen? Indem es alles anders macht.

Riesig wie die Konkurrenz ist der Markt. Deutschland ist Krimiland. Und das Marktangebot ist recht gediegen. In einen gediegenen, gesättigten Markt kann man nur mit Innovation einbrechen. Und Innovation ist das beste an Kultur. Kreativität, das Schaffen von Neuem, das finden einer neuen Sprache um die uralten Kernfragen der menschlichen Existenz zu besingen.

„Kreutzer kommt“ ist ein lichter Teil der Gegenwartskultur. Es schafft nichts Neues. Das geschieht sehr selten. Aber es nimmt zahlreiche Elemente moderner audiovisueller Ausdrucksformen, überspitzt alles bis zur Schmerzgrenze, nimmt einen etablierten Star, der perfekt in das überzeichnete Setting passt, und formt aus all dem eine moderne, attraktive, originelle Interpretation des Krimi-Genres. Dabei bedient man sich des besten kreativen Personals, das man für das Budget kaufen kann. Mit perfektem Sound, stimmiger Ausleuchtung, solider Kamera und Regiearbeit, brauchbaren Darstellern und State-of-the-Art Ausstattung entstand eine sehr respektable kulturelle Leistung.

„Kreutzer kommt“ zeigt, was kommerzielle Kultur in ihren besten Momenten leisten kann, nur übertroffen, wenn ein wirklich großer Künstler mal ein kommerzielles Budget verbraten darf. „Kreutzer kommt“ zeigt den Zenit unserer Alltagskultur – wenn wir an der Kommerzialisierung der Kultur festhalten.

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