Chauvinismus gebiert Chauvinismus

Dieser Text, „Chauvinismus gebiert Chauvinismus“, ist mein Versuch, ein sehr komplexes Phänomen auf eine einfache Formel zu bringen, die uns auch gleich einen Hinweis geben kann, wie wir damit umgehen sollten. Es geht um den Aufstieg des Faschismus.

2015 habe ich zuletzt explizit über das kommen des Faschismus geschrieben, nun ist er hier – zumindest im Kernland unseres Imperiums, den USA, bei uns in Europa ist er aus allen möglichen Löchern gekrochen und zeigt seine hässliche Fratze auch deutlich sichtbar in seinem alten Deutsch- und Vaterland. Darüber wurde bereits sehr viel und klug geschrieben. Ich konzentriere mich hier auf meinen persönlichen Beitrag zum Aufstieg des Faschismus – und vielleicht auch den einiger meiner Lesys.

Chauvinismus

Den Begriff „Chauvinusmus“ kennen die meisten wahrscheinlich als den männlichen Chauvinismus: die Überzeugung mancher Männer, Frauen überlegen zu sein. Der Begriff wurde ebenfalls als Synonym für Rassismus und Nationalismus verwendet, den Glauben, dass das eigene „Volk“ anderen „Völkern“ überlegen ist. Allgemein steht „Chauvinismus“ für den Glauben einer Gruppe von Menschen, einer anderen Gruppe von Menschen überlegen zu sein.

Der Gedanke, dass der umgehende Chauvinismus seine Wurzeln vielleicht auch in meinem eigenen Chauvinismus haben könnte, kam mir zuerst beim Lesen dieses Threads eines kanadischen Fantasy Autors, in dem er die unteren zwei Fünftel der männlichen Bevölkerung als „nutzlos“ bezeichnet. Kurz danach las ich diesen hervorragenden Artikel von Johannes Böhme darüber „Warum die Welt nach rechts rückt“.

Akademische Überlegenheit

Ich empfehle sehr, diesen Text zu lesen. Er beleuchtet viele relevante Aspekte, die den Aufstieg des Faschismus befördern und die sonst wenig diskutiert werden, allen voran die Schere die sich zwischen dem sozialen Status von Akademikern und Nicht-Akademikern aufgetan hat. Was jener Artikel fast komplett ausblendet ist der Neoliberalismus, der seit den 1980er Jahren mit Thatcher und Reagan Roosevelts und Erhards Ideen sozialer Marktwirtschaft weitgehend verdrängt hat.

Wichtig ist letzteres, weil erst der Neoliberalismus mit seinem calvinistischem Sozialdarwinismus die chauvinistische Vorstellung zum Leitbild machte, mein exklusiver Konsum und der meiner akademischen Klasse zeige nur meinen hohen sozialen Status, der darin begründet ist, dass mein überlegener Geist einen höheren Beitrag zum Gemeinwohl leistet als der weniger gut gestellter Menschys.

Im Lichte dieser Anmaßung ergibt plötzlich so vieles Sinn, das mir vorher Rätsel aufgab: die offene Wissenschaftsfeindlichkeit, der stumpfe Hass auf noch Schwächere, die Weigerung Evidenz als Argument zu akzeptieren – wenn Akademiker der Klassenfeind sind, sind akademische Konzepte feindlich.

Oligarchen

Was Böhmes Artikel ebenfalls ausspart, ist das wirken östlicher wie westlicher Oligarchen, die getreu nach Machiavellis Motto „divide et impera“ eben diesen Keil immer tiefer ins Fleisch unserer Gesellschaft trieben und Faschisten mittlerweile offen fördern. Denn Faschismus erlaubt den Oligarchen viel leichter, ihre Macht zu mehren und auszuüben und mit ihren neo-feudalistischen Geschäftsmodellen den Zehnten zu erpressen.

Kampf gegen den Faschismus

Auf den Demos gegen Rechts sind ständig Plakate zu sehen und Chöre zu hören, die offen, teils wörtlich „Hass“ gegen Rechts formulieren. Dieser Hass tut das Werk der Oligarchen. Wir machen uns zu Handlangern dessen, was wir bekämpfen wollen. Und bekämpfen müssen wir es, mit aller Kraft und wahrscheinlich stehen wir erst am Anfang dieses neuen Kampfes gegen Faschismus und Rassismus.

Doch bei aller Notwendigkeit und Entschlossenheit sollten wir auch stets ein bisschen Demut mit in den Kampf tragen. Demut vor unserem eigenen chauvinistischen Überlegenheitsgefühl, Demut davor, dass wir auch auf unserer Seite keine praktikablen Lösungen kennen, die unsere Gesellschaft sicher heilen können und uns erlauben, die wirklichen und riesigen Probleme zu lösen, vor denen wir stehen.

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