Der Wieder-Auftstieg des Faschismus

Wir erleben das Ende der Demokratie und ein Wieder-Erwachen faschistoider Gesellschaftsstrukturen. Diese Entwicklung wird hier von verschiedenen Seiten beleuchtet und mit einigen Beispielen belegt.

Wir leben in interessanten Zeiten.

Ich habe den Großteil meines Lebens auf einer historischen Insel der Glückseligkeit verbracht. Mit dem Erwachen meines Bewusstseins erwachte auch das Bewusstsein, dass der kalte Krieg bekloppt ist und wir diesen Planeten nicht gar so schnell verbrauchen sollten. Sexuelle Befreiung und eine Welle demokratischer Partizipation in zahlreichen Demos, Streiks, APOs und basisdemokratisch organisierten kleineren Projekten waren zusammen mit vorgenannten Erkenntnissen die Nachwehen der 68er Revolution vor meiner Geburt. Die Ideale von sozialer Marktwirtschaft, Achtung der Grundrechte, Freiheit der Presse und Demokratie waren völlig unantastbar.

Ich habe das Ufer dieser Insel der Glückseligkeit fühlbar verlassen und finde mich nun in einem stetig windiger werdenden Ozean.

Berichterstattung zur Überwachung

Es ist verblüffend, wie stark Medien die Wahrnehmung großer Phänomene und Ereignisse prägen. Nachdem 1989 die Deutsche Demokratische Republik (DDR) zusammenbrach, schwappte eine lange und hohe Welle der Empörung über die Ausforschung der Bevölkerung der DDR durch die Staats-Sicherheit (StaSi) durch Deutschland. Die viel gründlichere Überwachung durch die zeitgenössischen Geheimdienste wird dagegen fast komplett ignoriert.

Wer glaubt, “unsere” Geheimdienste seien im Gegensatz zur StaSi ja nicht böse, der hat sich offensichtlich nicht mit bekannten und allgemein akzeptierten Fakten zu Organisationen wie der CIA befasst.

Der plausibelste Grund für diesen frappierenden Mangel an Empörung über den aktuellen Geheimdienst-Skandal ist meiner Meinung nach das schleichende Ende der Pressefreiheit. Natürlich behält die Pressefreiheit ihre juristisch-akademische Bedeutung. Aber eine nicht ausgeübte Freiheit endet mit dem Ende ihrer Ausübung. Dieses Ende zeigt sich, wenn man sich tiefer mit der Berichterstattung zu einzelnen Themen befasst – wie zum Beispiel dem Ukraine Konflikt, Charlie Ebdo, islamistischem Terror allgemein, der Flüchtlings-Krise, der Subprime-/Finanz-/Staatsschulden-/Griechenland- … Banken(!)-Krise (ist alles eins).

Das schleichende Ende der Demokratie

Ein Drittel bis die Hälfte der Menschen hat das Wählen aufgegeben, weil eine Wahl heute keine bedeutsame Richtungs-Entscheidung mehr ist. Es gibt nur den Weg des Geldes, je nach Geschmack rot oder schwarz lackiert. Der Sozialstaat wurde gründlich entkernt und seine Aushöhlung schreitet zügig weiter voran. Meine nach unvorstellbaren Gräueltaten 60 Jahre lang weitgehend pazifistische Heimat heizt heute kräftig mit bei den prächtig laufenden Geschäften der internationalen Rüstungs-Industrie.

Selbst wenn man all das richtig findet, weil man glühender Anhänger des Neoliberalismus ist, selbst dann muss man besorgt sein über die zunehmende Ermächtigung totalitärer Willkür. Die unstrittig zentralste Funktion des Staates ist die Definition und Durchsetzung des Strafrechts. Auf das es uns Menschen überhaupt möglich wird, gewaltfrei zu interagieren. Dies sind nur mal zwei Beispiele staatlichen Versagens in dieser zentralsten Funktion: Beweismittel aus 1) Haarproben und 2) Drogentests sind Gegenstand völliger staatlicher Willkür.

Damit ist grob geschätzt die Hälfte aller Straf-Verfahren (und in den USA höchstwahrscheinlich noch mehr) deutlich jenseits dessen, was man sich gemeinhin unter “Rechtstaatlich” vorstellt. In der Schule fing bei 50% glaube ich die Note sechs an. Aber es muss natürlich auch in dieser Anklage gegen den Staat die Maxime “in dubio pro reo” gelten, “im Zweifel für den Angeklagten”. Das Urteil lautet daher, Staat: Fünf minus, setzen.

Die Machtergreifung des Kapitals

Es läuft seit Jahren ein fortwährender Angriff der Wirtschaft auf die Demokratie in Form dubioser Handels-Abkommen. Ein aktuelles Scharmützel in diesem Krieg ist TTP. Hier findet sich eine gute Analyse nur einiger Gründe wieso die 6000 Seiten Vertragswerk in Juristen-Sprache für die Öffentlichkeit nichts Gutes verheißen. Dieses Handelsabkommen mag wie das letzte von der Öffentlichkeit verhindert werden. Doch die Angriffe hören nicht auf. Irgendwann wird ein solcher Angriff erfolgreich sein. Und dann können nationale Parlamente nichts mehr beschließen, was internationalen Konzernen nicht passt.

Tatsächlich gibt es bereits erste Erfolge der Wirtschaft in diesem Krieg vorzuweisen. So verklagen einige Energie-Konzerne die Bundesrepublik Deutschland auf Grundlage des Energiecharta Vertrages wegen des Atomausstieges. Der vorläufige Erfolg liegt in der Möglichkeit der Klage, der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss.

Jedes dieser Handelsabkommen versucht neue derartige Klage-Möglichkeiten zu schaffen. TTP beispielsweise versucht eine Enteignung des so genannten intellektuellen Eigentums der Öffentlichkeit (der “public domain”) durch die Hintertür zu erschleichen (siehe im bereits oben verlinkten Artikel.

Vorrangig geht es bei diesen Handelsabkommen offenbar nicht darum, Handels-Hemmnisse zu überwinden und die Marktwirtschaft zu stärken. Ich bin Teilhaber einer kleinen Firma, die unter anderem mit bestimmten Komponenten handelt, die auch ins Ausland versandt werden. Dies ist für eine kleine Firma ein bürokratischer Alptraum – schon z.B. bei einem Versand von Deutschland in die Schweiz.

Für kleine Firmen stellt dies ein ernstes wirtschaftliches Problem dar – das relativ leicht und wahrscheinlich völlig ohne öffentlichen Protest zu beheben wäre. Doch im Mittelpunkt der Verhandlungen geht es offensichtlich um anderes. Marktwirtschaft findet im Wettbewerb kleiner Firmen statt. Die großen internationalen Konzerne sind geprägt durch Monopole und Kartelle, Lobbyismus und Marketing-Propaganda. Mit Marktwirtschaft hat das alles wenig zu tun, wie ich an anderer Stelle ausgeführt habe.

Es geht den internationalen Multis, die bei den Verhandlungen von Handelabkommen im Gegensatz zu kleinen Firmen mit am Tisch sitzen, nicht um Marktwirtschaft, im Gegenteil. Es geht um die Usurpation nationaler Legislativen durch die mächtigen Rechts-Abteilungen der Multis und um die Abschaffung eines Kernelements der Marktwirtschaft: des unternehmerischen Risikos. Der Marktwirtschaft – kleinen Firmen und damit auch unliebsamer Konkurrenz der Multis – bleibt dieser äußerst kostspielige Klage-Weg verschlossen. Damit ergaunert sich das große Geld einen weiteren unter vielen Wettbewerbsvorteilen. So wird Demokratie und Marktwirtschaft mit einem Handstreich geschwächt. Der Erfolg dieser Strategie scheint momentan langfristig unausweichlich.

Das klingt alles weit weg für den Otto-Normal-Bürger. Doch wenn z.B. die Klage der Energie-Konzerne gegen Deutschland Erfolg hat, wird Otto-Normal-Bürger für das Privileg des Atom-Ausstieges 4,7 Milliarden Euro bezahlen. Gesetzes-Änderungen sind ohne Zusatzkosten nur noch zu Gunsten der Wirtschaft möglich nie mehr in zu ihrem Nachteil.

Lohnentwicklung und Wohlstands-Schere

Noch drastischer ist die Auswirkung der Wirtschafts-Politik auf das Lohngefüge, und das spüren bereits sehr viele Menschen. Es ist der Wirtschaft gelungen, die Löhne in den alten sozialen Marktwirtschaften in direkte Konkurrenz zu den Löhnen in aufstrebenden Wirtschaften in Südostasien, Südamerika und Südafrika zu bringen.

Dies ist eigentlich eine positive Entwicklung. So bekommen diese sich entwickelnden Wirtschaftsräume auch endlich eine Chance auf wirtschaftliche Entwicklung. Und es schadet Deutschland oder anderen alten Nationen mit starker Wirtschaft als Ganzes betrachtet auch nicht. Doch im Zuge dieser Entwicklung ist es gelungen, den dadurch erlangten wirtschaftlichen Gewinn in den Händen weniger zu belassen und die immer breiter werdende wirtschaftliche Unterschicht auszubluten.

Teile und Herrsche

Getreu der alten Maxime “teile und herrsche” werden so – wenn auch vielleicht nicht zentral koordiniert oder auch nur bewusst – verschiedene Fraktionen dieser Unterschicht gegeneinander ausgespielt. Dies findet in regelrechten Medien-Kampagnen (die Nachdenkseiten berichten regelmäßig dazu) gegen so genannte Hartz 4 Schmarotzer, Migranten, Flüchtlinge und besonders gern die Unterschicht anderer Länder (insbesondere in Südeuropa) statt.

Derweil lebt die stetig schwindende Mittelschicht in Angst vor dem sozialen Abstieg unter dem Dauerfeuer medialer Propaganda, die immer wieder neue Kaninchen aus dem Hut zaubert, die angeblich die Schuld an der Misere tragen. Neben den vorgenannten Unterschichtlern auch “feindliche” Konzerne wie Google und Uber, Russen, Moslems … alle außer denen, die fortwährend den Reichtum anhäufen, den die anderen Schichten vermissen.

Die politischen Entscheider und Wirtschaftsführer finden sich unterdessen in eitler Interesseneinheit, dem Interesse an einem ordentlichen Happen von diesem Reichtum. Während Wirtschaftsführer direkt mit Millionen für ihre moralischen Verfehlungen entschädigt werden ist es mittlerweile Gang und Gäbe, dass hochrangige Politiker nach ihrer politischen Karriere mit hoch dotierten Pöstchen für ihre Gefälligkeiten bedacht werden. Dies und die enorme Macht des Lobbyismus sorgen dafür, dass die Politik der Wirtschaft immer weniger in die Quere kommt.

Die ultimative Propaganda-Maschine

Was für die Politik die Lobby ist für das Demos, das Staatsvolk, die Werbung. Deutsche sind heute jeden Tag durchschnittlich 10 Stunden dem Dauerbombardement mit wirtschaftlicher Propaganda in Form von Werbung ausgesetzt, davon allein 4 Stunden Fernsehen in der Freizeit und noch mal so lange Radio am Arbeitsplatz. Deutsche Gesetze schreiben z.B. bei Fernsehen (noch!) vor, dass vier Fünftel des Programms dem Zweck dienen müssen, die Aufmerksamkeit des Publikums für die Propaganda abzugreifen, während “nur” ein Fünftel der Zeit für die eigentliche Propaganda verwendet darf. Macht zwei volle Stunden reine Propaganda-Berieselung für jeden Bürger vom Kleinkind bis zum Greis, jeden Tag, 24/7.

Doch es ist allgemein bekannt, dass auch die anderen vier Fünftel des Programms zumindest teilweise den Anforderungen der Wirtschaft angepasst werden, gilt es doch ein attraktives Werbeumfeld zu schaffen, und eine attraktive Werbe-Zielgruppe anzuziehen.

Die allgegenwärtige und hoch wirksame Wirtschafts-Propaganda, vulgo “Werbung”, ist auf so vielen Ebenen schlecht, dass ich dem einen eigenen Artikel gewidmet habe. Im Zusammenhang mit dem Wieder-Aufstieg des Faschismus bleibt fest zu halten, dass wir täglich rund zwei Stunden mit der Aufnahme lupenreiner pro-Wirtschaftlicher Propaganda beschäftigt sind und den größeren Teil unseres wachen Lebens entweder mit der Vorbereitung auf diese Propaganda oder ihrer Aufnahme beschäftigt sind. Historische faschistische Regime haben von einer solch umfassenden und allgegenwärtigen, bereitwillig aufgenommen Propaganda wahrscheinlich nicht einmal zu träumen gewagt.

Der rote Faden

Es zieht sich ein roter Faden durch all diese Entwicklungen: Es ist die Machtergreifung des großen Geldes. Und es ist dies in dieser Ausprägung ein historisches Novum. Es gab z.B. auch im 19ten Jahrhundert mächtige Kapital-Konzentrationen wie zum Beispiel das Rothschild-Imperium, welches zu einem guten Teil auf der Finanzierung von Kriegen fußt, oder Standard Oil, Rockefellers Öl-Monopolist.

Doch anders als damals reicht diese Macht heute bis in den letzten Winkel der Gesellschaft. Und obwohl es sicher mächtige Graue Eminenzen gibt und sinistre Verschwörungen unterscheidet sich die Situation gerade hierin von der der vergangen Jahrhunderte: Die Macht wird heute gerade nicht von einem Rockefeller oder einem kleinen Zirkel von Verschwörern ausgeübt sondern von einem Netzwerk, einem System des Geldes.

Das Netz des Geldes

Geknüpft ist dieses Netzwerk aus Geld. Die Handelnden sind keine natürlichen sondern juristische Personen, Firmen, die über gegenseitige Beteiligungen verknüpft sind. Individuen – Politiker, Journalisten, Wirtschafts- und Meinungsführer und alle anderen – sind über ihren Wohlstand und ihr gesellschaftliches Ansehen an dieses Netzwerk gefesselt. Wer sich dagegen zu stellen versucht wird schnell als weltfremd und/oder Verschwörungstheoretiker abgestempelt und sozial abgewertet.

Dahinter steckt vermutlich kein großer Plan. Wir haben über Jahrtausende ein extrem komplexes Gesellschaftssystem geschaffen, das aus Millionen von Regeln besteht. In Regel-Systemen gibt es Wechselwirkungen und Rückkopplungen. Manche dieser Rückkopplungen bestehen in sich selbst verstärkenden Effekten. So etwas kennt der Volksmund als “Teufelskreis” oder speziell in Bezug zum Kapital als “Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen”. Doch das ist bei weitem nicht die einzige sich selbst verstärkende Rückkopplung in unserem Gesellschaftssystem.

Ein resilientes Gesellschaftssystem

Man muss sich mit dem Prinzip der Rückkopplung auseinander setzen, wenn man die Usurpation durch das Kapital überwinden will. Denn es ist nicht damit getan, ein paar Konzerne zu zerschlagen und ein paar Regierungen auszutauschen. Es ist sicher auch nicht damit getan, das gegenwärtige Oligopol in ein staatliches Monopol zu verwandeln, wie es die Sozialisten fordern.

Wir müssen Regelsysteme finden, die stabiler sind als unser gegenwärtiges. Wir dürfen die Macht nicht sozialistisch konzentrieren, wir müssen meiner Ansicht nach versuchen, was noch nie gelungen ist. Wir müssen die Macht stabil dispergieren. Dazu reicht es nicht, das Regierungssystem zu reformieren. Die Machtergreifung des Kapitals betrifft alle Aspekte der Gesellschaft und die Antwort der Gesellschaft muss ebenso alle Aspekte betreffen.

Da wir mittlerweile eine Informationsgesellschaft sind, kommt dem gesellschaftlichen Umgang mit Information eine besondere Bedeutung zu. Doch diese Problematik ist bei weitem zu komplex, um sie in einem Artikel abzuhandeln. Es ist das Grund-Thema dieses ganzen Blogs (bzw. seiner Artikel aus der Kategorie Utopilotik).

Schluss

Geld regiert die Welt immer absolutistischer. Unsere Gesellschaft schleicht langsam, Schritt für Schritt in eine zunehmend militaristisch, faschistische Zukunft. Wir sind glücklicher Weise noch weit weg von den Schrecken der 30er Jahre. Aber wir sind auch weit weg von den langweiligen 70er und 80er Jahren.

Anhang

Anbei noch einige Fragmente, die ich über einige Zeit zu dem Thema gesammelt habe. Es sind kleine Hinweise, dass vielleicht etwas an der oben von mir ausgebreiteten These dran ist. Man beachte, dass hier ausschließlich Nachrichten aus westlichen Demokratien verwendet werden, die man eigentlich für gefestigt halten sollte. Aus Ländern wie Polen, Ungarn, der Türkei und anderen gibt es noch ganz anderes zu berichten.

Der Begriff „Faschismus“

Zunächst eine Begriffsklärung. Ich verwende den historischen Begriff “Faschismus” hier eher unorthodox. Was wir heute erleben ist etwas historisch völlig Neues, der Begriff passt nicht wirklich. Doch in Ermangelung gängiger Vokabeln für die aktuellen Anti-Demokratischen Tendenzen und den absolutistischen Anspruch des großen Geldes habe ich mich entschlossen, bei dem Begriff zu bleiben. Beim Studium von Wikipedias Definition des Begriffs fallen mir schon eine ganze Reihe Parallelen auf.

Meldungen zum Thema

Cameron Zitat:
For too long, we have been a passively tolerant society, saying to our citizens: as long as you obey the law, we will leave you alone. This government will conclusively turn the page on this failed approach
“For too long, we have been a passively tolerant society, saying to our citizens: as long as you obey the law, we will leave you alone. It’s often meant we have stood neutral between different values. And that’s helped foster a narrative of extremism and grievance.
“This government will conclusively turn the page on this failed approach. As the party of one nation, we will govern as one nation and bring our country together. That means actively promoting certain values.
“Freedom of speech. Freedom of worship. Democracy. The rule of law. Equal rights regardless of race, gender or sexuality.
“We must say to our citizens: this is what defines us as a society.”
Der erste Absatz ist ein Zusammenschnitt aus einer Rede von Cameron. Ich habe darunter noch etwas Kontext hinzugefügt aus verfehlter journalistischer Ethik. Ich halte das für bloße Rhetorik. Der relevante Kern der Aussage steckt im Zusammenschnitt. Es genügt nicht mehr, sich ans Gesetz zu halten um nicht Opfer staatlicher Willkür zu werden. Das ist gar keine schlechte Definition für Faschismus. Vom Regierungs-Chef. Für alle künftigen Krisen-Gewinnler wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, den Briten zu ihrer hervorragenden Wahl zu gratulieren 🙂

Zitat Senator und US-Präsidentschaftskandidat Lindsey Graham:
„If I’m president of the United States and you’re thinking about joining al-Qaida or ISIL — anybody thinking about that?“ he asked to laughs. „I’m not gonna call a judge. I’m gonna call a drone and we’re gonna kill you.“
Wenn Du auch nur darüber nachdenkst, Dich einer “Terror-Organisation” anzuschließen, werde ich keinen Richter rufen sondern eine Drohne und Dich ermorden. Was in meiner Jugend ein Aussage von beängstigender Menschenverachtung gewesen wäre, beschreibt heute sachlich den Stand der Dinge unter Busch und Obama.

Kanada Terror-Gesetze (passierte Unterhaus, Oberhaus gilt als sicher). Interessant auch, dass der deutsche Qualitätsjournalismus zwar im Vorfeld immerhin leise über das Gesetz berichtet hat, den endgültigen Abschied vom Rechtsstaat im Mai dann aber weitestgehend ignoriert hat.

Australien, Journalisten droht 10 Jahre Knast, wenn sie über Geheimdienst-Aktivitäten berichten.

Eine sehr interessante Analyse darüber, wie moderne Propaganda funktioniert.

Demonstrationsverbot in Spanien, Organisatoren von Demos müssen mit Existenz-Zerstörenden Bußgeldern rechnen (passierte Unterhaus, Oberhaus gilt als sicher). Siehe auch.

Frankreich Total-Überwachung (vorher schon noch schlimmer als in Deutschland, jetzt noch einmal massive Verschärfung).

Guantanamo hat man von gehört. Andere CIA Folterknäste gibt es in anderen Ländern. Aber selbst mitten in den USA in der Jurisdiktion derselben gibt es einen Knast, der so übel ist, dass Irland einen “Terrorismus-Verdächtigen” lieber nicht an die USA ausliefern wollte.

Kleine obskure Winkelzüge mit gigantischen Effekten in Gesetzen: Ende der 90er Jahre wurde in den USA das Ermächtigungs-Gesetz der Finanz-Industrie gebaut.

Eine empirische Studie aus Princeton belegt in verstörender Klarheit, dass das politische System der USA keine Demokratie (mehr?) ist. Bei uns dürfte es ähnlich aussehen.

Die Verstrickungen der Briten in die Folter-Parties der Amis wurde auf Bitten der Briten aus dem entsprechenden Report entfernt. Begründet wird diese undemokratische Intransparenz, erwirkt auf undemokratischem Weg, mit den gleichen Argumenten wie die Folter Selbst: Innere Sicherheit.

In den USA werden Regelmäßig wichtige Gesetz verabschiedet, von denen die abstimmenden Abgeordneten nichts wissen. Z.B. wurde eine beängstigende Abhörklausel mal eben weitgehend unbemerkt mit dem Budget verabschiedet. Selbst die ohnehin teils alberne Demokratie-Simulation, die regelmäßig vor den Medien und der Öffentlichkeit aufgeführt, wird ist bei näherem Hinsehen löchrig wie ein Schweizer Käse.

“the real dimensions of the US military-intelligence-police-prison complex begin to come into view: a staggering $830 billion, more than 80 cents out of every dollar in the funding bill, is devoted to killing, spying on, imprisoning or otherwise oppressing the people of the world, including the American people.” (Quelle) An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass US-Gefängnisse mittlerweile vielfach kommerziell betrieben werden und ein finanzielles Interesse daran haben, möglichst viele Menschen einzusperren.

Wer den (fernauslesbaren) Chip auf seinem e-Perso zerstört, muss mit strafrechtlicher Verfolgung und Haft- oder Geldstrafe rechnen.

An east London schoolgirl who was „radicalised“ by Islamic State propaganda provided by her „deceitful parents“ must be removed from her home for her own safety, a judge has said. (Quelle) Das ist eine schwierige Problematik, die mindestens einer umfassenden gesellschaftlichen und politischen Diskussion bedürfte. Dem politischen Gegner wegen Gesinnungsverbrechen mal eben die Kinder weg zu nehmen, sollte nicht so einfach möglich sein.

Via Fefe: “Portugals Präsident weigert sich anscheinend gerade, der linken Anti-Austerity-Koalition die Regierungsbildung zu erlauben”

Kommentar Zitat: “This article furnishes additional evidence that democratic regimes tend to fight tyranny by adopting some of its methods.” Die erste Hälfte des Artikels listet diverse Entwicklungen in Europa, die in diese (falsche) Richtung gehen.

Die Freiheit vorm Maschinengewehr

Der Angriff auf unsere Freiheit geht nicht vom Terror aus sondern von den Medien und der Militarisierung.

Die Propaganda versucht heute – eine halbe Woche nach den Anschlägen vom Freitag den 13.11.2015 in Paris – die Propaganda versucht heute eine interessante Idee zu verkaufen: Die Freiheit vor dem Maschinengewehr.

Die “Freiheit”, das sind nämlich wir, meine Mitbürger und ich. In allen westlichen Medienerzeugnissen ist zu vernehmen, dass die Anschläge von Paris Anschläge auf die Freiheit waren. Bei Pressetexten taucht die Phrase oft im Titel auf, kaum ein Text kommt ganz ohne diese vermeintliche Erkenntnis aus. Wenn ich mich mal in so einen Daesch Kämpfer im Mittleren Osten versetze, dann fallen mir spontan folgende abstrakte Konzepte ein, auf die ich ein Attentat verüben wollen könnte:

Gründe, uns zu hassen

Den Kulturimperialismus der Consumer-Culture, die meine Jahrtausende alte Kultur sichtbar auslöscht; die allgegenwärtige weitgehende Macht-Übernahme des Kapitals, das fast alle historisch gewachsene Machtgefüge meiner Gesellschaft auslöscht; die Verwandlung meiner gesellschaftlichen Elite in groteske Öl-Scheichs; die Ermordung tausender Unschuldiger (wo ich herkomme gilt als unschuldig, wer nicht vor einem ordentlichen Gericht als schuldig verurteilt wurde) durch westliche Luft-Kampf-Roboter; die massive Bombardierung der islamischen Länder Afghanistan, Pakistan, Jemen, Somalia, Libyen, Irak und Syrien durch den Westen.

Und wenn mir tatsächlich gar kein abgehobener Grund einfiele, wieso ich ein paar hundert Pariser ermorden will, dann fiele mir vielleicht noch ein, dass das meine Feinde sind, die Franzosen, die mich seit einem Jahr bombardieren, und denen werde ichs zeigen! Aber die Freiheit? Bitte was???

Das Maschinengewehr, Dein Freind und Helfer

Und jetzt tauchen überall Bilder von freundlichen Polizisten mit Maschinengewehren auf. Die beschützen uns, wird alles gut! Nur mal so zum Beispiel zeigten irgendwelche Spätnachrichten Bobbies mit Maschinengewehren in einer Menschenmenge vorm Wembley-Stadion. Die Botschaft ist klar: Wir sind eine wehrhafte Gesellschaft und schützen unsere Ideale (Freiheit!) mit Maschinengewehren. Völlig absurd. Was ich in einer Menschenmenge bei einem drohenden oder vollzogenen Anschlag als allerletztes brauche, ist ein Polizist mit einem Maschinengewehr. In einer Menschenmenge brauche ich nur Präzision, und die wird durch die Vollautomatik zerhackt.

Interessant ist, dass das immer öfter zu sehen ist – Bilder von Polizisten mit einer Ausrüstung eher für die militärische Eindämmung von Aufständen als für die Verbrechens-Bekämpfung. In meiner Kindheit war das sehr ungewöhnlich, Polizei an öffentlichen Orten mit schwerer Bewaffnung. In den USA ist es heute völlig normal, hier wird es immer normaler. Und die Propaganda lässt keine Gelegenheit aus, das Bild von Männern in der Fußgängerzone mit Maschinengewehren umzudeuten.

Ich fühle mich nicht sicherer.

Risikoanalyse

Wir haben ein Problem, hier im Westen, und es ist nicht der völlig irrelevante Terrorismus. Terrorismus ist eine eigentlich gänzlich unbedeutende Randerscheinung, die kein auch nur nennenswertes Risiko für irgendwen bedeutet, aber durch die Medien zu einem absolut grotesken Fantasy-Monster aufgeblasen wird.

Die statistische Gefährdung durch Terrorismus ist in Deutschland nicht messbar, weil zu klein, da muss man schon ganz Europa nehmen. Und dann kommt man auf eine Gefährdung, die deutlich geringer ist als die, durch Mukoviszidose zu sterben. Sollten Sie schon mal von Mukoviszidose (übrigens eine reine Erbkrankheit) gehört haben, dann nur dann, weil das eine besonders grausame Krankheit ist, die eine sehr starke Lobby hat. Mukoviszidose ist ziemlich irrelevant für die allermeisten Menschen, Terrorismus ist deutlich irrelevanter.

Wieso verbrauchen die Medien die Massen-Aufmerksamkeit so gerne für Terrorismus? Nun, Terror ist als Story deutlich interessanter als jemand, der ganz langsam an seinem eigenen Schleim erstickt. Hysterie ist scheinbar das einzige, das sich noch besser verkauft, als Sex. Doch ist das wie gesagt ein Problem. Ein ernstes.

Der Militärisch-Industrielle Komplex

Der US-Präsident Eisenhower hat schon Anfang der 1960er Jahre vor dem Militärisch-Industriellen Komplex gewarnt. Der Mann war ein durch und durch Konservativer, dessen zweit-größte Sorge zur Zeit der betreffenden Rede war, dass der Hippie Kennedy sein Nachfolger werden könnte.

Eisenhower war selbst ein Ex-Militär, und hatte zum Ende des zweiten Weltkrieges das Gesamt-Kommando über die US-Army und die alliierten Truppen in Europa. Doch noch größer als vor Kennedy war seine Angst vor den Geistern, die man zur Hilfe gegen die Nazis gerufen hatte, seine Angst vor dem Militärisch-Industriellen Komplex.

In den 65 Jahren seit Eisenhowers eindringlicher Warnung ist die Macht dieses Komplexes nicht kleiner geworden. In den USA ist die Militarisierung der Polizei weit fortgeschritten, das Militär selbst ist der mit Abstand größte Ausgaben-Posten im US-Haushalt, die Macht der Geheimdienste macht vor nichts mehr Halt, nicht vor fremden Regierungen und Völkern, befreundet oder nicht, nicht vorm eigenen Volk und nicht vor den Menschenrechten.

Cui bono?

Die einzigen, denen die Fantasy-Geschichten der Medien nutzen, sind (neben den Medien) die Terroristen, die so ein extrem effizientes Mittel für die Verbreitung ihrer Botschaft bekommen, eine Marketing-Kampagne, die sich nicht mal Apple leisten könnte – und der Militärisch-Industrielle Komplex.

Der Angriff auf unsere Freiheit geht nicht vom Terror aus sondern von den Medien und der Militarisierung. Wir Bürger bekommen eine „Freiheit“, die durch die Geheimdienste minutiös überwacht wird und die von schwer bewaffneten Polizisten bewacht wird. Wir bekommen, was von der Freiheit vor dem Lauf eines Maschinengewehrs übrig bleibt.

USA: Bomben ohne Grenzen

Die USA hat am 3. Oktober 2015 ein Hospital der Ärzte ohne Grenzen bombardiert. Wikipedia dazu. Ich schätze, das war irgendwie ein Unfall. So dämlich böse sind die USA eigentlich nicht. Sollte man denken.

Am 15. Oktober rollten sie dann mit einem „gepanzerten Fahrzeug“ durch die Trümmer und haben womöglich Beweise zerstört. Das mit dem „Beweise zerstören“ kann auch wieder Hass-Rhetorik von „Ärzte ohne Grenzen“ sein, wer weiß. Wikipedia dazu, Wikpedias Quelle und der Guardian.

Fakt bleibt: die Amis bombardieren ein Krankenhaus der „Ärzte ohne Grenzen“, warum auch immer, und dann schicken sie einen bewaffneten Trupp an den Schauplatz des potentiellen Kriegsverbrechens.

Wenn irgendein anderes Land der Welt (außer vielleicht Israel) sich so ein Ding leisten würde, wäre der mediale Aufschrei ohrenbetäubend. Und unsere Kanzlerin sowie jeder halbwegs ambitionierte Bundes-Politiker würde sich vor eine Kamera stellen und „diesen barbarischen Akt auf schärfste verdammen“. Oder so.

Dann beobachtet doch mal, was jetzt passiert. Nur so Spaßes halber.

Von Emissionen und Immissionen

Neulich bei Google+: “Okay, zugegeben. Es sterben Tausende, Hunderttausende … es werden Millionen werden, wenn der Klimawandel sich erst mal richtig auswirkt. […] Alle können nicht gerettet werden!”

Ich hatte mal wieder das Thema aufgebracht, dass wir Deutschen im und ums Mittelmeer hunderttausende sterben lassen. “Hunderttausende” ist die richtige Größenordnung, wie viele es wirklich sind, weiß niemand. Und in der Tat, “es werden Millionen werden, wenn der Klimawandel sich erst mal richtig auswirkt“. Wenn z.B. Bangladesch endgültig überflutet wird, und das wird es, werden 160 Millionen Menschen auf der Flucht sein. Da wird die eine oder andere Millionen Tote nicht zu verhindern sein. Wenn man sie nicht wirklich verhindern will. Und das will ja nun wirklich niemand.

Kann man nicht alle retten, oder will man es nicht?

Nur darum gilt: “Alle können nicht gerettet werden!”, weil niemand ernsthaft daran interessiert ist, alle zu retten. Die Nahrung, die momentan auf der Erde verbraucht wird reicht z.B. gerade locker für zwei Erdbevölkerungen – “nur” eine Frage der Verteilung, der effizienten Nutzung (also nicht die Hälfte weg schmeißen) und des Fleischkonsums. Und natürlich ist es auch eine Frage davon, wieviel Nahrungsmittel wir lieber in unseren Autos verbrennen, statt sie an Neger zu verfüttern. Aber der politische Wille, irgend wen zu retten, der nicht gerade den gleichen Pass hat, geht gegen Null.

Das zeigt gerade die Umstellung des italienischen Programms “Mare Nostrum”. Mit diesem Programm wurden innerhalb eines Jahres rund 100.000 Flüchtlinge sicher nach Italien eskortiert nachdem im Herbst 2013 mal ein paar Flüchtlinge mehr als üblich vor Lampedusa verreckt sind. Wie viele dieser 100.000 ohne “Mare Nostrum” ertrunken wären weiß man nicht, aber es wären sicher mehr als drei. Um einen einstelligen Millionen-Betrag zu sparen wird jetzt vom italienischen “Mare Nostrum” aufs europäische “Triton” umgestellt, das dann nur noch diejenigen retten soll, die in Sichtweite der europäischen Küsten ertrinken – wahrscheinlich auch nur damit Journalisten weniger hässliche Bilder in unsere heile Welt übertragen.

Damit macht sich das Deutsche Volk der gleichen Verbrechen schuldig wie zur Nazi-Zeit. Zur Erinnerung: Das Verbrechen des Deutschen Volkes war es nicht, die Juden zu vergasen – das waren tatsächlich relativ wenige Deutsche – das Verbrechen meines Volkes war es, es geschehen zu lassen. Natürlich hat das Verbrechen der Nazis eine völlig andere Dimension und ist nicht mit dem aktuell statt findenden globalen Pauperozid zu vergleichen. Aber das Volk tut genau das selbe wie vor 70 Jahren: nichts. Millionen sterben und unsere Gleichgültigkeit ist sogar noch größer als damals.

Neuer Grad der Grausamkeit

Und damit das so bleibt, läuft die Propaganda-Maschine auf Hochtouren. Hier berichtet unsere öffentlich rechtliche Tagesschau unter dem Titel “Neuer Grad der Grausamkeit” darüber, wie die Methoden der Schleuser sich weiter entwickeln. Die erhöhen jetzt die Überlebens- und In-Europa-Ankunfts-Wahrscheinlichkeit ihrer Kunden, indem sie größere Schiffe als früher nehmen und die via Auto-Pilot nach Europa steuern.

So große Schiffe können selbst vom auf den meisten Augen blinden “Triton” kaum übersehen werden, da sie meilenweit auf jedem Radar zu sehen sind. Gleichzeitig sorgt so ein großer Frachter voller Flüchtlinge beim Sinken für dermaßen schlechte Presse, dass nicht mal unser Grenzschutz die alle verrecken lassen kann, so gern er auch wollte. In der Tat, uns so zynisch den Spiegel vor zu halten zeugt schon von einer gewissen, wenn auch wohl verdienten, Grausamkeit.

Wir verhindern, dass sie sich selbst helfen.

Ich muss diese ganze Flüchtlings-Problematik noch einmal in das Licht rücken, in dem ich sie sehe. Unsere Wirtschaft ist so stark, dass fast niemand auf der Welt da mithalten kann. Und was machen wir mit den ärmsten der Armen? Wir hindern sie mit unseren ökonomischen Massenvernichtungswaffen (billigste Hähnchenschenkel, Altkleider usw.) am Aufbau einer eigenen Wirtschaft, wir exportieren fleißig unseren Müll zu ihnen und pressen ihnen über internationale Verträge und Schuldenfallen ihre Ressourcen ab – wobei wir uns natürlich nicht die Hände schmutzig machen. Das nigerianische Uran für Frankreichs Stromversorgung lassen wir schön von Niggerianern ausbuddeln. Das gilt natürlich ebenso für andere Ressourcen. Da werden die Nigger auch vergiftet und verbraucht, spielt nur nicht so schön mit der German Angst.

Es heißt immer, die seien selber Schuld, die müssen mal ihre Korruption in den Griff kriegen. Nun ja, die korrupten bürokratischen Drittwelt-Regime haben wir kolonial-Mächte installiert und Korruption hat zwei Seiten. Siemens ist zum Beispiel international ganz weit vorn beim Ausgeben von Korruptions-Mitteln. Und wenn irgendwo ein besonders übler Faschist an der Macht sitzt, wurde er meist vom CIA gesponsert.

Und dann fliehen die verstrahlten, vergifteten Neger aus ihren chancenlosen Wirtschaftsräumen und folgen dem Ruf unserer Werbung ins gelobte Land wo Burger und Cola fließen. Wir tun alles, damit sie hier nicht reinkommen. Und wer ist Schuld? Klar, die Schleuser, wer sonst?

CO², Zyklon B

Es geht mir nicht um die Größe der Schuld der Täter sondern um die Größe der Schuld des Volkes. Die Millionen sind genau so tot. Den Toten ist es mutmaßlich egal, ob sie letztlich aufgrund von CO²-Emissionen starben, weil wir uns ein schöneres Leben machen und sie nicht als Nachbarn haben wollten oder aufgrund von Zyklon-B-Imissionen, weil unsere Großeltern sie nicht als Nachbarn haben wollten. Im letztgenannten Fall ist die Schuld offensichtlicher. Das Verhalten des Volkes ist fast das gleiche.

Sie ist nur fast die gleiche, weil vor 70 Jahren der Widerstand natürlich viel gefährlicher war. Heute müssten nur mal ein paar Millionen demonstrieren gehen und die Sache wäre geritzt. Und die Ausrede, dass wir von nichts wüssten, lässt sich auch deutlich schwerer halten als vor 70 Jahren.

Demos haben wir ja nun auch, allerdings etwas anders als erhofft. Pegida demonstriert nach 14 Jahren allabendlicher anti-Islam-Propaganda dafür, dass die Kanacken doch bitte zu hause verrecken sollen. Ich bin sicher nicht stolz, ein Deutscher zu sein.

Iss lahm

Sie wissen, wie schwer es ist einen guten Handwerker zu finden …? Wenn Sie etwas älter sind, wissen Sie es, wenn nicht, lassen Sie es sich gesagt sein: Es ist schwer, einen guten Handwerker zu finden, der den Job so macht, dass es nachher nichts zu meckern gibt. Ein Arzt, ein Handwerker, Finanzmensch – wenn man einen gefunden hat, der den Job beherrscht, dann experimentiert man nicht mehr rum. Man bleibt bei dem. Macht er den Job nicht gut genug, muss man weiter nach einem suchen, denn das ist halt nicht leicht.

Die zwei haben einen sauberen Job gemacht. Zwei Polizisten waren extra abgestellt um Charlie Hebdo zu beschützen. Aber die konnten sie beide ermorden. Und zehn andere konnten sie auch ermorden. Das ist glaube ich gar nicht soo einfach. Damit ein Mensch in der kurzen Zeit stirbt, bevor der Krankenwagen ihn retten kann, muss man schon das Herz oder in den Kopf treffen. Oder man muss mehrfach treffen. Aber mit so einem Maschinen-Gewehr ist das nicht so easy. Das hoppelt wie verrückt. Und so ein Kopfschuss ist schon hart. Man schießt jemandem in den Kopf, der ziemlich nah vor einem steht. Da muss man schon ziemlich cool sein. Könnt ich nicht.

Aber die haben diesen Polizisten – immerhin auch ein Profi – der sie stoppen wollte, schnell mal in den Kopf geschossen … wahrscheinlich, während der Polizist gerade versuchte, sie umzubringen. Headcount: 13, davon drei Profis. Respekt.

Die haben sich auf den Job vorbereitet. Irgendwie wurden sie ausgebildet in der Beherrschung von Waffen in extremen Stresssituationen. Das könnten sie als Kriminelle gelernt haben, in “Terror-Camps”, bei Söldner-Unternehmen oder beim Staat (witzig, wie unterschiedlich da die Terminologie ist). Gelernt haben sie es offensichtlich.

Und dann haben sie sich offenbar auf das aktuelle Projekt vorbereitet. Denn man überwindet nicht plan- und reibungslos zwei Polizisten, die zum Schutz der Ziele abgestellt sind. Die wussten, dass die Polizisten da sind, denn es war bekannt, dass ein Mitglied der Redaktion wegen älteren Ärgers mit Islamisten unter Polizeischutz stand. Die haben sich das optimale Werkzeug für den Job besorgt – ihre Sturmgewehre – und dann fehlerlos einen sorgfältig vorbereiteten Plan umgesetzt.

Und dass das Islamisten sind, ist ja völlig klar, ein Axiom quasi. Denn wissen Sie? Dass das Islamisten waren, das steht während ich dies hier schreibe, schon bei Wikipedia. Während ich hier schreibe, sind die Körper der beiden Islamisten noch nicht ganz kalt, die sind erst ein paar Stunden tot. Und jetzt steht schon im Lexikon, dass das Islamisten waren. Junge, die Propaganda ist schnell geworden, in den letzten 30 Jahren. Also mal unabhängig davon, ob das Islamisten waren, zum jetzigen Zeitpunkt am Abend nach dem Terror-Anschlag kann das noch nicht als allgemein anerkanntes Faktum gesehen werden.

Waffen sind der größte Markt der Welt. Die Amis kippen ihren halben Staatshaushalt in Waffen. Und so manch anderer Staat tut das auch. Selbst die Griechen haben noch direkt vorm verrecken, so quasi mit ihrem letzten Atemzug 2009, bevor es unter die Fuchtel der Troika ging, selbst die haben dann noch schnell ein paar Milliarden in Großwaffen gepumpt, weil: die Türken. Der größte Markt der Welt ist die größte Macht der Welt, so funktioniert Kapitalismus. Und Waffen brauchen Feinde. Der Islam ist unser Feind.

Und da vergisst dieser Islamisten-Profi nach knallharter Ausbildung und sorgfältiger Planung seinen Ausweis. Wie blöd. Wie blöd erst, dass er seinen Ausweis zu dieser sorgfältig geplanten Aktion überhaupt mitbringt.  Und dann wird der erschossen. So ein Pech.

Klarstellung

Eigentlich müsste dieser Text aus literarischen Gründen hier enden. Aber das geht leider nicht, weil man aus Propaganda-Gründen so etwas nicht schreiben kann, ohne unmittelbar unter Verschwörungs-Schwachsinn abgeheftet zu werden. Das ist keine Verschwörungstheorie.

Das können durchaus Islamisten gewesen sein. Das wäre nicht überraschend. Jeden Tag werden so circa 2000 Menschen ermordet. Von diesen 2000 täglichen Morden sterben sicher auch ein Dutzend oder mehr in einem der zahlreichen Kriege, die wir – der Westen, die Nato, die Amis, die Israelis – mit Moslems in den letzten Jahren angefangen haben. Es wäre jetzt nicht überraschend, wenn da mal jemand zurück-schießt, ausgerechnet gegen eine Publikation, die auf Islamisten wie ein anti-islamistisches Kampfblatt wirken muss.

Aber es ist halt am Tag nach den Morden, oder um mit KenFM zu sprechen: “bevor die Polizei Zeit hatte, eine SoKo zusammenzustellen”, es ist da nicht zweifellos klar, dass das ein islamistischer Anschlag auf die Pressefreiheit war, wie es uns verkauft wird.

Das von 2000 Morden 12 ausgewählt werden um über sie ohne journalistisch ordentliche Recherche mit dem besagten Spin zu berichten, das ist lupenreine Propaganda, egal, was der tatsächliche Hintergrund ist. In Bezug auf die Morde wäre es eine Verschwörungstheorie, in Bezug auf den massiven Propaganda-Feldzug gegen die islamische Welt nicht: Cui bono? Waffen.

Wir sind Pegida

Der Umgang unserer Gesellschaft mit Pegida verkennt die Normalität dieses Rassismus. Pegida, das sind nicht ein paar Spinner in Dresden, Pegida sind wir alle.

Meine Omas hegen beide eine seltsame Verehrung für Autobahnen und mögen Negern eine gewisse Faulheit nicht absprechen. Naja, die eine seit einigen Jahren nicht mehr, Gott hab sie selig. Letztere war eine gebildete Frau. Sie ist Ärztin geworden in einer Zeit, in der das für Frauen eine außergewöhnliche Errungenschaft war. Sie war damit Teil der ganz normalen rassistischen Mittelschicht, die heute als Pegida auf die Straßen geht.

Der Umgang unserer Gesellschaft mit Pegida verkennt die Normalität dieses Rassismus. Pegida, das sind nicht ein paar Spinner in Dresden, die nicht raffen, dass nur jeder Tausendste ihre Mitbürger im fernen Osten Deutschlands ein Moslem ist, und dass diese winzige Minderheit kaum den Untergang der abendländischen Kultur herbei führen könnte. Pegida sind wir alle.

Der allgemeine Rassismus

Es gibt allgemeine rassistische Einstellungen, die es immer in unserer Gesellschaft gab und gibt. Diese Bilden das Fundament der Pegida und ähnlicher Bewegung. Und es gibt spezifische Faktoren, die gerade jetzt wirken und konkret zur Manifestation der aktuellen Bewegung führten.

Der allgemeine Rassismus drückt sich dauernd in unserer Grundgesetz-widrigen Tagespolitik aus. Der zentrale Grundsatz unseres Grundgesetzes, die Basis unserer Gesellschaft lautet: “Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.” Da steht nicht “die Würde der Deutschen” sondern “die Würde des Menschen”. Dennoch tritt Deutschland die Menschenwürde täglich mit Füßen.

Wir treiben mit unserer Erpressung Südeuropas zur Austeritäts-Politik 50% der südeuropäischen Jugendlichen in die Arbeitslosigkeit was mindestens eine soziale Entwertung der Persönlichkeit und schlimmstenfalls eine existentielle Bedrohung darstellt. Unsere Grenz-Schutz- und Flüchtlings-Politik ist direkt mit-schuld am Tod Hunderttausender. Unsere Wirtschafts-Politik zerstört die lokale Wirtschaft und damit die Lebensgrundlage der Menschen in zahllosen armen Ländern und fördert durch internationale Verträge und direkte und indirekte Subventionen den Raub von Nahrungsmitteln aus Hunger-Ländern um diese Nahrungsmittel hier zur Vieh-Mast und als Treibstoff zu verwenden. In Klima-Verhandlungen stellen wir unsere Rechte und Interessen über die anderer Menschen und erkennen ihnen nicht das gleiche CO²-Budget zu, wie uns.

Die Liste lässt sich beliebig fortführen. Die Würde des Menschen ist antastbar, sie ist bestenfalls anti-proportional zur Entfernung seiner Heimat von Deutschland. Wir behandeln dunkelhäutige Menschen nach wie vor wie Nigger und empören uns, wenn unsere Mitbürger diese Botschaft auch auf die Straße tragen.

Für unsere Politik haben Menschen ohne deutschen Pass offensichtlich immer einen geringeren Wert als wir. Wenn es bei der Wahl eng wird, wird dieser teutonische Chauvinismus auch gerne von den konservativen Parteien in den Wahlkampf getragen. Prominente Beispiele hierfür sind in jüngerer Zeit Rüttgers (CDU, “Kinder statt Inder”), Koch (CDU, wollte “kriminelle Ausländer” ausweisen), Seehofer (CSU, Ausländermaut) und Scheuer (CSU, will dass Migranten zuhause Deutsch sprechen).

All dies ist der rassistische Grundton unserer Gesellschaft. Dagegen tut kaum jemand etwas (mich eingeschlossen). Es ist offensichtlich auch so, dass diese rassistische Grundeinstellung absolut mehrheitsfähig ist. Positionen die von der oben beschriebenen Grundgesetz-widrigen Politik  abweichen, haben bei Wahlen nicht die geringste Chance. Darum sind wir Deutschen mehrheitlich Pegida, auch wenn wir uns nun über das etwas plumpe Zur-Schau-Stellen dieses Chauvinismus in Dresden echauffieren.

Der Tropfen, der das Fass …

Aktuell kommen noch einige Faktoren hinzu, die konkret zu diesem rassistischen Ausbruch führten.

Es handelt sich um ein teuflisches Gebräu und es ist ein Wunder, dass der Rassismus nicht früher und heftiger ausgebrochen ist. Eine Zutat ist die Angst, die andere die Anti-Islam-Propaganda.

Jeder kennt das Bild von der “Decke der Zivilisation” die sprichwörtlich “dünn” ist. Nun, an dieser dünnen Decke wird in Deutschland und Europa gerade heftig gezerrt und was darunter hervorlugt ist nicht schön.

Angst

Ich habe oben schon von der 50%igen Jugendarbeitslosigkeit Südeuropas geschrieben. Die Jugendarbeitslosigkeit ist dort zwar am höchsten, doch auch die Gesamt-Arbeitslosigkeit hat teils verheerende Ausmaße. Die Wirtschaft z.B. in Griechenland ist um mindestens ein Drittel eingebrochen und es wird wahrscheinlich Jahrzehnte dauern, bis sie sich davon erholt. Da bekommen wir schön vorgeführt, was passiert, wenn wir nicht spuren. Und unser Tanz in relativ großen sozialen Höhen findet mittlerweile dank der Agenda 2010 weitgehend ohne Netz statt. Naja, knapp die Hälfte unserer Erwerbstätigen fiele gar nicht so tief, da mit der Agenda 2010 auch der Niedriglohnsektor in Deutschland neu erfunden wurde und gewaltige Ausmaße angenommen hat. Wer da keine sozialen Abstiegsängste entwickelt ist entweder doof oder reich.

Wie jeder weiß, der in neuerer Geschichte mal ein bisserl aufgepasst hat, sollten solche sozialen Ängste tunlichst nach außen gelenkt werden. Im Inneren wirken solche Kräfte nämlich schnell verheerend auf eine Gesellschaft. Da trifft es sich, dass sich ein paar gefährliche islamistische Wirrköpfe als Blitzableiter anbieten.

Der böse Islam

Es läuft nun seit 14 Jahren allabendliche Anti-Islam-Propaganda in der Glotze. Die Taliban sowie die Al Quaida, die für den Angriff auf das World Trade Center verantwortlich war, waren Kampf-Organisationen, die von den Amis im Kampf gegen die Sowjetunion in Afghanistan unterstützt und bewaffnet worden waren. Sadam Hussein war im Krieg gegen den Iran von den Amis unterstützt und bewaffnet worden, der Islamische Staat wurde offenbar in amerikanischen Folter-Knästen im Irak gezüchtet (siehe hier) und wird von Freunden der Amis am persischen Golf finanziert.

Doch unsere Glotze berichtet nicht von außer Kontrolle geratenen Mörder-Banden der Amis sondern von fiesen Moslem-Terroristen. Wenn so eine Mörder-Bande irgendwo eine Bombe zündet, findet unsere Glotze irgendeinen Politiker, der diesen niederträchtigen Anschlag aufs schärfste verurteilt. Wenn Obamas Mörder-SchwaDrone mal wieder irgendwelche Unschuldigen ausknipsen spricht man von “Kollateral-Schäden” – wenn man überhaupt darüber spricht. Und wenn diese Mörder-SchwaDrone dann doch auch mal ihr vorgesehenes Ziel ohne Anklage oder gar Gerichtsverhandlung erfolgreich ermorden, dann wird das in unserer Glotze gefeiert. Ein fieser,  Moslem weniger. Scheiß auf den Rechtsstaat.

Ach ja, und dann kommt immer mal wieder eine Moslem-Folter-Show in der Glotze. Abu Ghraib, vollgepisste Schädel (ausnahmsweise ohne Propheten-Bart) in Afghanistan, ein Deutscher gefolterter Moslem in Guantanamo (hey, kein richtiger Deutscher, nur ein Moslem und mit dem obligatorischen Bart) und ganz neu die XL Folter-Gala des CIA. Ich vermute, wenn der CIA Arier gefoltert hätte, wäre die Reaktion anders ausgefallen. Aber Moslems foltern scheint nicht so schlimm zu sein, da ist die politische Reaktion weitgehend ersatzlos ausgefallen.

Win – Win – Win

So und wer ist diesmal Schuld? Genau, Pegida, diese Dresdner Spackos. Die haben das alles völlig falsch verstanden.

Irgendwie scheint sich die Ansicht verbreitet zu haben, dass sich der Mensch in den letzten 70 Jahren grundlegend geändert hat. Zur Erinnerung: vor 70 Jahren ging das dritte Reich zu ende. Damals hat das deutsche Volk verängstigt und Propaganda-gesättigt der Ermordung von 6 Millionen Juden zugeschaut bzw. großenteils applaudiert. Jetzt machen wir dem Volk wieder Angst und berieseln es mit Propaganda. Fast möchte applaudieren, wie gefasst wir überwiegend damit umgehen.

Aber nein, alle sind völlig überrascht, dass sich der Hass, den die Angst gebirt, nicht gegen Merkel wendet sondern gegen plausiblere, besiegbarere Feindbilder. Die Linke springt mal wieder reflexartig auf und drischt auf die Zweitschwächsten ein. Für die Machthaber eine win-win-win-Situation: der Hass wendet sich nach außen, große Teile der Mittel- und Unterschicht werden geschwächt und die Intellektuellen sind abgelenkt.

Wenn sich jemand an Pegida stört: das ist ein Symptom und ein sehr mildes. Gegen Pegida Mitläufer vorzugehen oder sie aufklären zu wollen ist löblich und auch nicht völlig sinnlos. Aber das eigentliche Problem sind wir, die große Mehrheit von uns. Denn wir sind Pegida und durch die Dresdner Straßen zieht nur sichtbar der Geist unserer Mehrheitsmeinung.

Das I in CIA steht für Igitt

Die CIA, das sind wir alle. Das sind unsere Folterknechte, die haben unsere vollste Unterstützung und wir werden bestimmt nicht insistieren, dass da auch nur einer angeklagt wird.

Schon eklig die CIA. Fragen Sie zum Beispiel mal Abu Zubaydah. Gut, den können Sie jetzt schlecht fragen, denn der sitzt nach wie vor ohne Anklage oder gar ordentliche Gerichtsverhandlung in Guantanamo. Aber Die Amis haben ja jetzt selbst veröffentlicht, wie sie Abu Zubaydah als ersten ihren “verbesserten Befragungstechniken” unterzogen haben: Schlafentzug, körperliche Misshandlung, sexuelle Erniedrigung, regelmäßiges Waterboarding und insgesamt 10 Tage und Nächte in einem Sarg einsperren. Also wenn man die Seele von jemandem gezielt zerstören will, klingt das wie eine ziemlich clevere Strategie – interessante Herangehensweise für eine zutiefst christliche Nation. Gut, man könnte jetzt meinen, zünftige Folterprogramme sind halt was man bekommt, wenn man, wie die Amis mit dem Bush, eine fundamental-christliche Regierung wählt. Aber da machen wir es uns etwas einfach.

Wir sind die CIA

Leider sind die CIA auch wir. Ja, echt. “Die spinnen, die Amis” zählt nicht. Die spinnen ja schon immer. Trotzdem stecken wir so tief im Enddarm der Amis, dass wir anatomisch schwer von ihnen zu unterscheiden sind. Und wenn die Amis vor 70 Jahren 6 Millionen Juden und rund 60 Millionen andere Menschen ermordet hätten, wären die Amis jetzt vielleicht auch etwas ruhiger.

Fakt ist, wir sind nicht nur das Volk, wir sind auch die CIA. Das ist unser System. So sieht es in der ganzen westlichen Welt aus. Wir Deutschen haben uns da in den letzten 70 Jahren etwas zurückgehalten, aber auch wir werden von Dekade zu Dekade wieder sichtbar bellizistischer. Und die Geschichte kennt einige wundervoll gruselige Geschichten. Bleiben wir doch mal bei unseren aller-engsten Verbündeten und ihrer CIA. Das Folterprogramm war nämlich nicht wirklich ein Ausrutscher. Das fügt sich nahtlos in eine lange Reihe ähnlich gruseliger Geschichten.

Contra Affäre

In den 80ern gab es eine echte Hammer-Story, die Contra-Affäre. Die Amis haben total geheim Waffen an den Iran verkauft. Das allein ist schon so krass unmoralisch, da könnte man sich Stunden drüber gruseln. Die haben nämlich nicht nur dem Iran Waffen für den Krieg gegen den Irak verkauft, nein sie haben auch den Irakern beim in mehrfacher Weise völkerrechtswidrigen Chemie-Waffen Angriff auf den Iran geholfen. Das war natürlich bevor die Amis selbst die Iraker zurück ins Mittelalter gebombt haben. Natürlich wieder völkerrechtswidrig und gerechtfertigt mit einem riesigen Sack voller Lügen. Na, wer ist der Babo?

Aber das ist wie gesagt nur eine Nebenhandlung. Die Amis verkauften also Waffen an den Iran. Mit der Kohle aus diesen geheimen Waffendeals haben die Amis die Contras unterstützt. Denn nichts machen Amis lieber, als ein sozialistisches Regime durch ein faschistisches zu ersetzen. Dahinter steckt wieder Stoff für wochenlanges Gruseln. Also die Contras das war so eine faschistische Mörderbande, wie sie die Amis gerne unterstützen. Also wie zum Beispiel die Taliban und Osama Bin Laden, die die Amis ja lange militärisch in Afghanistan unterstützt haben – wie viele vormalige “Freiheitskämpfer”, die die Amis heute als “Terroristen” bekämpfen. Wieder eine andere Geschichte …

Ihre eigene Regierung hatte den Amis verboten, sich da bei den Contras einzumischen. Aber die eigene Regierung konnte einen Ami noch nie von irgendwas abhalten. Darum sind die Amis ja die Amis. Die sind aus Europa geflüchtet um der Regierung zu entkommen, darauf fußt ihr Staat, das Land der Freien, und das hat heute noch sehr großen Einfluss in den USA.

Die Amis haben also die Contras mit Kohle aus den Waffenverkäufen im Iran unterstützt. Aber die Contras haben ja Krieg geführt gegen irgendwelche Sozialisten, und für einen Krieg kann man nicht zu viel Kohle habe. Also haben die Contras so viel Koks wie möglich vertickt um mehr Kohle für ihren Krieg zu kriegen. Und an wen vertickt man möglichst viel Kokain am besten? Klar, an Amis.

Und die CIA wusste von diesen Drogenverkäufen – Drogenverkäufen an die eigenen Leute. Also ich halte diesen ganzen Drogen-Prohibitions-Scheiß ja für Schwachsinn, aber die Amis waren da damals streng gläubig. Tiefer als als Drogenhändler konnte man demnach nicht sinken (außer vielleicht als Kinderficker, wenn die Regierung mal wieder ein paar hübsche Abhörprogramme gegen die eigene Bevölkerung durchsetzen will … wieder andere Geschichten). Und die CIA hats gewusst. Und geduldet. Denn wenn so ein feiner Fascho-Mob ein paar Sozialisten verprügelt, muss man schon mal Prioritäten setzen.

Von kleinen und großen Arschlöchern

Jo, das war die Contra-Affäre. Das waren auch schon wir. Denn das ist unser System, das sind unsere aller-engsten Verbündeten. Alle mit diesem System machen das so, wir haben uns nur mal eine kleine Auszeit genommen, nachdem wir etwas über die Stränge geschlagen haben. Bei uns läuft auch ne Menge Scheiße, nur halt ein paar Nummern kleiner, weil wir auch ein paar Nummern kleiner sind und wie gesagt, vor 70 Jahren …

Aber hey, wir sind trotzdem besser als die anderen! Hat mir gerade ein Radio-Kommentator erklärt. Der hat nicht etwa uns/und oder die Amis gegeißelt, nein, der hat mir erklärt, was bei uns, respektive den Amis, besser läuft. Denn so aufgeklärte Journalisten, die durchblicken das einfach besser als das blöde Volk, das gleich wieder in dumpfen, völlig unbegründeten Antiamerikanismus verfällt. So ein Journalist hat in der Regel auch viel präzisere Innenansichten aus dem Enddarm der Amis. Also besser ist jedenfalls bei uns, dass wir über so etwas reden. Da hat unsere Demokratie tolle Selbstheilungskräfte.

Also nicht dass es langfristig irgendwie besser wird – das zeigt jedenfalls die Geschichte. Aber stimmt schon, ich bin wirklich und ehrlich sehr froh, dass ich für so einen Artikel hier nicht an die Wand gestellt werde. Und ich wette, in der islamischen Welt wird uns das haufenweise Respekt bringen, wie wir drüber reden, wie wir deren Brüder foltern.

GelenktD Demokratie

Putin ist schlimm, das ist nicht neu. Neu ist, dass der Westen wild entschlossen scheint, einen Krieg mit ihm anzuzetteln.

Neulich Abends bei Freunden ging es mal wieder um Putin. Hach, schlimm der Putin. Das haben unsere Medien prima hin bekommen. Ganz schön ferngesteuert sind wir. Warum? Putin ist doch schlimm? Äh, ja. Und? Das hat keinen rechten Neuigkeitswert. Neu ist, dass wir ach so tolle Demokratie einen Krieg mit Putin anfangen wollen. Aber davon redet irgendwie kaum wer. Nur so linke Putinversteher. Ja, unsere Medien können schon was.

Waladimir, Wladimirowitsch Putin. Der hat seine steile Karriere bei einem der berüchtigsten Geheimdienste der Welt begonnen, beim KGB. Von da aus hat er dann den Kreml erobert und ist zum russischen Staatsoberhaupt geworden – Oberhaupt eines runter gewirtschafteten, taumelnden, mafiösen Riesenreiches, das er vom versoffenen Versager Jelzin übernommen hat.

Als Staatsoberhaupt hat er als erstes die Paten des Mafiareiches, die sogenannten Oligarchen, entmachtet – bekanntestes Beispiel ist der bei uns zum Freiheitskämpfer umgemünzte Yukos-Pate Chodorkowski. Sodann hat er einen äußerst blutigen Krieg in Tschetschenien geführt, den er geschickt mit dem westlichen Terror-Sprech gerechtfertigt hat. Die Ablenkung der Weltöffentlichkeit durch die China-Olympiade hat Putin genutzt, um mal eben Krieg in Georgien zu führen.

Heute sitzt Putin fest im Sattel eines weit weniger taumelnden Riesenreiches. Er hat bewiesen, dass er ein politisches Genie ist, das über Leichen geht – auch hunderttausende, wie er in Teschetschenien bewiesen hat. Ja, in der Tat, schlimm der Putin.

Unsere Demokratie ist leider nicht mehr so viel Wert, wie sie es mal war. Aber es gibt einen einfachen Test, der zeigt, dass wir noch viel Luft nach unten haben. Stellen sie sich mal vor, sie würden verschiedenen Staatsoberhäuptern nachts allein in einer dunklen sibirischen Gasse begegnen. Merkel? Kein Problem. Putin? Lieber nicht. Obama, der Mann, der jeden Dienstag die Mordaufträge für seine Dronengeschwader unterschreibt? Wahrscheinlich kein Problem, wenn Sie kein Moslem sind. Der versoffene Jelzin, wenn er denn noch unter uns weilen würde? Klingt riskant.

Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er hat die westliche Führungselite in einem historischen Moment geistiger Umnachtung mal das Richtige getan. Sie hat sich mit Gorbatschow, dem Mann, der es an die Spitze von Stalins Partei geschafft hat, geeinigt. Sie haben versprochen, die NATO nicht näher an Russland zu rücken, versprochen ein einiges Europa mit Russland zu schaffen und haben den eisernen Vorhang nieder gerissen.

Ein alkohol-kranker Pseudodemokrat und ein diabolischer Oberpate später und wir ziehen den Vorhang wieder hoch. Die NATO hat sich gegen unser Versprechen durch die Mark des ehemaligen Ostblocks ganz nah an das Reich des russischen Psychokillers heran gefressen. Dem alten Kernland der russischen Seele, der Heimat des Volkes der Rus, der Ukraine wird eine EU-Assoziation angeboten, während Russland ausgegrenzt wird. Und unsere Medien spielen Verwunderung ob der Reaktion Putins, der Stammtisch spielt mit und die gut situierten Bildungsbürger ebenso. Schon schlimm der Putin.

Von der Unmöglichkeit, Gutes zu tun

Der Grünen Abgeordnete Hans-Christian Ströbele hat den NSA-Whitsleblower Edward Snowden in Russland getroffen. Ich finde, das ist eine sehr gute Sache. Ströbele kann als Mitglied des Bundestages Dinge tun, die den meisten Menschen unmöglich sind. Er kann nach Russland reisen und genießt dort eine gewisse diplomatische Immunität. Er kann den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nutzen, um Rechtsgutachten zur Snowden-Frage erstellen zu lassen. So kann er klären, ob Snowden nach Deutschland kommen könnte, um als Zeuge auszusagen. Er kann die Einberufung einer parlamentarischen Untersuchungskommission zum NSA-Skandal betreiben (wobei das aufgrund der sehr kleinen Opposition im Falle einer großen Koalition vielleicht scheitert).

Ströbele setzt all diese besonderen Befugnisse für eine gute Sache ein. Er verschafft dem NSA-Skandal Aufmerksamkeit. Er entkriminalisiert Snowden indem er ihn als Zeugen statt als Angeklagten aufsucht. Vielleicht schafft er es sogar, die Regierung zu etwas genaueren Einlassungen zum NSA Skandal zu nötigen. Bisher waren diese Einlassungen von geradezu alberner Einfältigkeit und dokumentieren lediglich das völlige Versagen unserer Medien in dieser Sache. Zudem ist Ströbele von allen Bundestagsmidtgliedern jenes, dem ich am meisten moralische Integrität zutraue.

Tu Gutes; nicht um darüber zu reden

Und genau darum gruselte es mich ein bisschen, als ich die Bilder von Ströbeles Besuch bei Snowden sah. Edward Snowden braucht Aufmerksamkeit um seinen großen Mitteilungsdrang zu stillen (was ich nicht abwertend meine). Doch Snowdens Anwalt meint, Snowden könne auf keinen Fall nach Deutschland. Ströbele ist als Direktkandidat der Grünen beruflich völlig von der Medienaufmerksamkeit abhängig. Und darum kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser ganze Besuch in erster Linie eine Show für die Medien war, eine Show, die den Beteiligten die nötige Aufmerksamkeit liefert. Und die nebenbei den Wein der guten Sache gründlich verwässert.

Dabei glaube ich in diesem Fall, dass es Ströbele und Snowden um eine gute Sache geht und sie das Aufmerksamkeitsspiel um der Sache willen spielen. In anderen Fällen – wenn es z.B. Westerwelle statt Ströbele wäre – würde ich darauf eher nicht kommen. Unser ganzes politisches System ist so von Geld, Lobbyismus und der Aufmerksamkeitsökonomie korrumpiert, dass es den Akteuren immer schwerer wird, überhaupt noch etwas Gutes zu tun, das um seiner selbst willen als solches wahrgenommen wird.

Die allgemein verbreitete Meinung dazu ist, dass das egal ist – wenn denn letztlich das Richtige dabei herauskommt. „Tu Gutes und rede darüber“. Doch ich glaube, dass das falsch ist. Zwar ist es richtig, Gutes zu tun und darüber zu reden. Doch es ist falsch, Gutes zu tun, nur um darüber reden zu können.

Menschlich Mächtig

Wir sind darauf angewiesen, Entscheidungen zu delegieren. Die einzige Alternative zu Macht-Delegation ist Basisdemokratie in der einen oder anderen Form und bisher konnte kein basisdemokratisches System demonstriert werden, das skaliert. Das bedeutet, Basisdemokratie funktioniert bisher ausschließlich in kleinem Rahmen und bricht schon bei mittleren Organisationen zusammen.

Wenn Macht delegiert wird, entsteht automatisch eine Führungsperson, die für andere Entscheidungen trifft. Und hier kommt unsere Menschlichkeit ins Spiel. Ein menschlicher Führer kann Menschen nur auf eine ganz bestimmte Art führen. Er muss Entscheidungen treffen, die die anderen respektieren. Und er muss relativ durchgängig so handeln, dass die anderen das respektieren können. Tut er dies nicht, kann er zwar prinzipiell dennoch führen, doch wird er dann nie von den anderen akzeptiert. Er wird stattdessen als – überlegener – Gegner aufgefasst.

Mein Respekt für das mediale Kasperle-Theater hält sich in Grenzen. Wenn es bei uns mal jemand schafft, als politische Führungsperson menschlich respektiert zu werden, schafft er dass nicht wegen unseres Systems sondern trotzdem. Entsprechend selten geschieht dies. Wir haben ein unmenschliches Politik-System geschaffen, das seine Delegierten und Konstituenten fast zwangsläufig zu Gegnern macht.

Woran ist unsere Demokratie gescheitert?

Was leistet Demokratie und wieso zerstört sie sich zum wiederholten Male selbst?

Und was kann man daraus lernen?

Doch fangen wir damit an, was die Demokratie Gutes leistet. Sie setzt die potentiellen Regenten einem sehr harten Auswahlprozess aus. Volldeppen scheitern an den rhetorischen Anforderungen und debile Monarchensöhne bleiben uns nunmehr erspart. Wer seine Bosheit überhaupt nicht verstecken kann, hat genauso wenig eine Chance, wie der, der das Volk zu offensichtlich bluten lässt.

Doch all dies sind sehr relative Anforderungen. Mit George W. Bush wurde ein Regent wiedergewählt, der über mäßige rhetorische Begabung verfügt, der sein Volk belogen hat und damit aufgeflogen ist, es in einen sinnlosen, teuren Krieg geführt hat, in diesem Krieg weitgehend gescheitert ist, den Löwenanteil der Bevölkerung hat ausbluten lassen und sein Land ruiniert hat. Das ist schlimm doch minderbemittelte und bösartige Despoten haben weit schlimmeres angerichtet. Demokratie bietet offenbar einen begrenzten Schutz davor.

Interessenausgleich?

Der Kern der Demokratie ist der Interessenausgleich. Interessenausgleich gibt es seit vielen Jahrhunderten. Könige können schon sehr lange nicht mehr nach belieben schalten und walten. Doch früher waren die Parteien des Interessenausgleichs oft recht begrenzt. Sie rekrutierten sich im Wesentlichen aus Adel und Klerus. Und es war die Regel, dass einzelne Parteien durch Intrigen und andere Mechanismen aus dem Prozess des Interessenausgleichs herausfielen.

Es ist ein Verdienst der Demokratie, dass jeder, der viel Geld und/oder viel (Meinungs-) Einfluss hat, am Prozess des Interessenausgleichs teil hat. Dadurch bekommen die Interessen des Volkes tatsächlich ein etwas höheres Gewicht und finden mehr Berücksichtigung in dem Prozess. Doch Demokratie bietet nicht annähernd genügenden Schutz gegen die Einflüsterung von Partialinteressen, wie z.B. das Beispiel des FDP-Steuergeschenks an die Hoteliers zeigt (vorletzter Satz des Absatzes).

Tatsächlich sahen die letzten Jahrzehnte eine Zunehmende Professionalisierung der Interessenvertretung. Gleichzeitig nahm die Fähigkeit der „Spin-Doktoren“, die öffentliche Meinung zu beeinflussen solche Ausmaße an, dass Lobbyismus den Einfluss der Volksinteressen sehr weit zurückgedrängt hat.

Lobbykratie!

Ein Grundproblem der Demokratie ist, dass Entscheidungsträger auf externe Experten angewiesen sind, die sich mit der betreffenden Materie auskennen. Und die besten Experten arbeiten meist für die, die die größten Interessen (Investitionen) in den betreffenden Bereichen haben. So bekommen die, die ein finanzielles Interesse in einer gegebenen Frage haben, oft stark überproportionalen Einfluss in ihrem Bereich.

Dabei sind die Einflüsterungen der Lobbyisten noch vergleichsweise subtil. In vielen Fragen werden unsere Entscheidungsträger von Interessenvertretern erpresst. Ein besonders offensichtliches Beispiel ist in diesem Artikel beschrieben: Mitarbeiter des griechischen Parlamentes verhinderten eine Abstimmung bis ein ihnen nicht genehmer Passus aus dem Gesetzesentwurf entfernt wurde.

Doch auch in Deutschland kann sich kein Parlamentarier beispielsweise gegen Springer stellen, da die BILD als Gegner i.d.R. ein politisches Todesurteil ist. Dieser Umstand dürfte uns unter anderem das (mit Ausnahme von den Profiteuren) einhellig verdammte Leistungsschutzrecht beschert haben. Und immer wieder kommt es vor, dass Interessenvertreter mit dem Abbau von Arbeitsplätzen drohen, was meist ein „Killerargument“ (sprich Erpressung) ist und jede Debatte beendet.

Wenn der Prozess des Interessenausgleichs Opfer von Erpressung geworden ist,

  • werden Sachlagen oft völlig ignoriert (z.B. das Gutachten des Max Planck Instituts für Immaterialgüterrecht zum Leistungsschutzrecht),

  • versteckt (z.B. die geheimen Verträge über die Berliner Wasserversorgung, die sehr lange gegen den Volkswillen geheim gehalten wurden)

  • und verfälscht (Armutsbericht , Gorleben-Gutachten siehe „Einflussnahme der Regierung Helmut Kohls“).

Kuhhandel

Wenn man sich den eigentlichen Prozess des Interessenausgleichs ansieht, wundert es nicht, dass dieser völlig korrumpiert ist. Es ist nicht etwas so, dass da die Interessen des Volkes abgewogen werden um einen möglichst ausgewogenen Kompromiss widerstreitender Interessen zu finden. Viel mehr handelt es sich um einen gnadenlosen Konkurrenzkampf desillusionierter Karriere-Politiker, die fürs eigene Fortkommen die Interessen ihrer Wähler verschachern. Wir haben unser Wohl und Wehe an eine Bande – wenn auch ehemals idealistischer – Gebrauchtwagen-Händler delegiert.

Wer die Wahl hat bekommt die Qual

Das definierende Element der Demokratie ist bekanntlich die Wahl. Bemerkenswert ist nun, dass – wie jeder Bürger einer Demokratie bestätigen kann – ausgerechnet die Wahl Regierung in weiten Teilen unmöglich macht. Für ein ganzes Jahr – das gefürchtete „Wahljahr“ – liegen die Regierungsgeschäfte großenteils danieder und die gewählten „Volksvertreter“ beschränken sich weitgehend aufs Verwalten. Reformen sind ausgeschlossen.

Doch die schädliche Wirkung der Wahl geht weit über das Wahljahr – immerhin rund ein Viertel der Zeit – hinaus. Unsere Entscheider werden immer nur für einen begrenzten Zeitraum gewählt, meist vier oder fünf Jahre. Weil das so ist, weil nach spätestens fünf Jahren über das Weitere Schicksal unserer Entscheider entschieden wird, können sie kaum Entscheidungen treffen, die kurzfristige Einschnitte bedeuten und erst jenseits dieses Zeithorizontes positive Folgen haben.

Gesetze sollten eigentlich für eine lange Zeit gemacht sein. Doch tatsächlich erleben wir fortwährende Schnellschüsse und Flickschusterei. Kaum ein politisches Projekt ist auf zehn Jahre angelegt, geschweige denn länger.  Bei der nächsten Wahl darf es nicht gar zu fatal aussehen, danach ist die Frage ohnehin nur noch, wer geschickter lügt.

Damit ist Demokratie ein völlig ungeeignetes System um den großen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen. Denn diese Herausforderungen haben alle einen sehr langen Zeithorizont:

  • Seit vierzig Jahren (in den alten westlichen Industrienationen) kommt das Wirtschaftswachstum nicht mehr mit dem Produktivitätswachstum mit. Die digitale Revolution verschärft das Problem gerade wieder. Selbst Deutschland, das mit Lohndumping versucht, dieses Problem zu exportieren, kann nur noch Arbeit umverteilen. Seit 20 Jahren wird in Deutschland pro Jahr ungefähr die gleiche Zahl an Arbeitsstunden geleistet (nämlich 57-58 Milliarden; Statistisches Jahrbuch 2012 des Bundesamtes für Statistik Seite 350, oberste Tabellenzeile). Und ganz Europa erstickt an der Deutschen Strategie. Die soziale Marktwirtschaft funktioniert unter diesen Bedingungen nicht mehr und die Politik ist völlig handlungsunfähig –  wenn sie nicht gerade wie die SPD mit der (meiner Meinung nach übrigens verfehlten) Agenda 2010 nachhaltigen politischen Selbstmord begeht, was ja eigentlich nicht im Sinne des Systems ist.

  • Ebenso lange ist bekannt, dass unser Gesellschaftsmodell nicht skaliert, weil der Planet nicht genügend Ressourcen hergibt. Deutschland ist es als einem von ganz wenigen Ländern gelungen, überhaupt halbherzige Schritte zur Lösung des Problems zu unternehmen. Wir laufen sehenden Auge ins Verderben, doch Lobbykratie und die Kurzfristigkeit demokratischer Entscheidungshorizonte lassen uns unseren Ritt ins Verderben beschleunigen statt einen anderen Weg zu suchen.

  • Der Demografische Wandel kommt auch nicht überraschender als die beiden obigen Probleme. Doch statt nach Lösungen zu suchen, werden unsere künftigen Senioren an die private Finanzwirtschaft verschachert.

Diese Probleme bedürfen größter Weitsicht. Sowohl die Entwicklung der Probleme wie ihre Lösung nimmt ganze Generationen, ja ganze Lebenspannen in Anspruch. Und je länger wir warten, desto teurer wird es. Und wir warten immer noch.

Demokratie war laut Churchill die schlechteste Regierungsform – außer all den anderen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert wurden. Doch auch das liegt hinter uns. Mittlerweile spricht selbst unsere Kanzlerin von marktkonformer Demokratie. Was nun? Zurück zur schlechtesten Regierungsform, zur Demokratie, die unsere Zivilisation und den Planeten, den sie bewohnt, mit Vollgas auf einen  Abgrund zusteuert und kurz vor der Klippe aus dem Wagen springt, sich selbst abschafft?

Ich glaube – nicht im Sinn von „ich vermute“ sondern es ist meine Überzeugung – dass wir etwas neues ausprobieren müssen. Die soziale Revolution der Vernetzung und das Vakuum, das die Demokratie hinterlassen hat, bringen uns heute in eine einzigartige Situation. Wir können und müssen unser Zusammenleben neu erfinden. Was können wir nun aus dem Scheitern der Demokratie lernen? Darum wird es in meinem nächsten Artikel gehen.