Screen Time

Wie kann Erziehung in die Medien-Nutzung von Kindern eingreifen und wie kann dabei eine Balance zwischen intrusiver Überwachung und Kontrolle und elterliche Fürsorge gefunden werden?

Update: Die Nutzungsbedingungen der App haben sich geändert. Eine sinnvolle Nutzung kostet nun bei realistischer Nutzungsdauer 240€. Damit kann ich die App nicht mehr empfehlen.

Liebe Eltern,

Ich verwende seit einiger Zeit eine App namens Screen Time. Doch ich möchte keine Werbung für ein konkretes Produkt machen. Sollte ich Sie also überzeugen, suchen Sie ruhig nach „Screen Time“, aber dann schauen Sie dort nach „ähnliche Apps“ oder suchen Sie gleich nach „parental control“ und suchen sich genau die App, die Ihren Bedürfnissen gerecht wird.

Das muss nicht Screen Time sein. Es gibt zum Beispiel viele Apps, mit denen Sie den aktuellen Standort ihrer Kinder verfolgen können. Ich möchte das nicht und Screen Time kann das nicht. Wenn Sie aber meinen, ihrer Aufsichtspflicht so besser gerecht zu werden und die gefühlte Sicherheit schätzen, die dieses Standort-Feature vermittelt, dann wählen Sie eine andere, ähnliche App. Aber bitte wählen Sie eine solche App!

Erziehung in Zeiten des Netzes

Denn das Leben ihrer Kinder spielt sich ab einem bestimmten Alter zu einem wichtigen Teil im Netz ab und das Smartphone Ihres Kindes ist der Schlüssel zu dieser Welt. Und wir Eltern müssen unsere Kinder auch noch erziehen und beaufsichtigen, wenn sie 12 Jahre und älter sind.

Es ist dabei schwierig, die richtige Balance zwischen intrusiver Überwachung und elterlicher Fürsorge zu finden.

Aber das Netz ist nun mal ein rauer Ort, an dem wir unsere Kinder nicht ganz allein lassen dürfen. Und so unbestreitbar sinnvoll es ist, dass unsere Kinder lernen, in dieser Welt des Netzes zu leben, so wichtig ist es, dass sie sich darin nicht verlieren.

Erzieherischer Eingriff in die Medien-Nutzung: Screen Time

Screen Time bietet dabei für mich das richtige Maß. Die App wird auf dem SmartPhone des Kindes installiert. Sie limitiert die Gesamtzeit über die täglich ausgewählte Apps verwendet werden dürfen. Welche Apps das sind, bestimmen Sie. Zu Uhrzeiten, die Sie festlegen („Schulzeit“, „Bett-Zeit“), können von Ihnen ausgewählte App gar nicht mehr benutzt werden, und zu einer ebenfalls von Ihnen festgelegten Zeit („Licht aus“), geht dann auf dem Telefon gar nichts mehr.

Außerdem werden Sie per Mail benachrichtigt, welche neuen Apps auf dem Handy Ihres Kindes installiert werden und Sie erhalten täglich eine Mail in der aufgelistet wird, wie viel Zeit Ihr Kind am Vortag mit welcher App verbracht hat. Sie sehen also, wenn z.B. die WhatsApp Nutzung überhand nimmt und können das thematisieren.

All das kostet nichts. Es entbindet Sie auch nicht davon, mit Ihrem Kind darüber zu sprechen, was es mit WhatsApp, Instagram usw. tut. Aber es hilft Ihnen, zu wissen, was Sie ansprechen sollten, ohne dass es eine meiner Meinung nach übermäßige Überwachung von jungen Teenagern bedeutet.

Gegen ein für eine App ziemlich saftiges Entgelt von 3,40€ pro Monat gibt es noch einige Features, die ich nicht getestet habe, die aber grundsätzlich sinnvoll klingen. Man installiert dazu die Eltern-App auf dem Eltern SmartPhone oder den Eltern SmartPhones (für 3,40 gibts bis zu sechs Kinder-Apps und zwei Eltern-Apps) und kann dann bei Bedarf das oder die Kinder-SmartPhones abschließen. Zum Beispiel wenn man zum Essen ruft.

Oder man kann Erweiterungen des Zeit-Budgets anbieten, wenn die Kinder dafür bestimmte Aufgaben erfüllen. Ich habe es wie gesagt nicht getestet, aber ich kann mir das ganz entspannt vorstellen. Man stellt das Zeitbudget relativ knapp ein und richtet Verlängerungen für die üblichen Aufgaben ein – Hausaufgaben, Spülmaschine ausräumen, Instrument üben, Zimmer aufräumen usw. Es wird viele Kinder geben, mit denen das Zusammenleben unter einem solchen Regime angenehmer wäre. Und die Alternative – z.B. Schimpfen – ist der Entwicklung von Kindern vielleicht noch weniger zuträglich als ein solches auch nicht über alle Zweifel erhabenes Verfahren.

Für und Wider

Viele Eltern lehnen diese Form der Überwachung, Kontrolle und Verhaltens-Lenkung ab. Ich kann das nachvollziehen, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass in der Abwägung dieser Technologie die Argumente für ihren Einsatz deutlich überwiegen.

Da ist zunächst der raue Ort, der das Netz ist. Sie würden Ihre Kinder nicht den ganzen Tag allein am Bahnhof spielen lassen. Aber sie allein den Trollen vorzuwerfen, sie allein dem subversiven 4chan Humor auszusetzen, sie allein in die größte Porno Videothek der Welt zu schicken, kann es auch nicht sein. Die Einblicke, die Apps wie Screentime in das Nutzungsverhalten unserer Kinder geben, können helfen, die notwendigen Gespräche zum Thema in die richtige Richtung zu lenken.

Für noch wichtiger halte ich folgendes Argument. Die Währung moderner Medien ist Aufmerksamkeit. Es gibt das Geschäftsmodell, Aufmerksamkeit zu erregen um dann gezielt Aufmerksamkeitsfresser zu verkaufen – wie im Zirkus oder Kino. Für unsere Kinder relevanter ist aber das Geschäftsmodell, das sie selbst zur Ware macht. Aufmerksamkeit wird erregt um sie dann auf Werbung zu lenken. Unsere Kinder werden ausspioniert, um möglichst “passende” Werbung präsentieren zu können. Unsere Kinder sind bei diesem Geschäftsmodell das vermarktete Produkt.

Erziehung zu effizienter und selbstkritischer Medien-Nutzung

Die Technik der Aufmerksamkeits-Erregung und -Fesselung wurde über Jahrhunderte immer verbessert und hat es heute zu gruseliger Perfektion gebracht. Viele Erwachsene sind dieser Technik nicht gewachsen, geschweige denn Kinder. Eine App, die die Nutzungszeit begrenzt, kann zu einem bewussteren Umgang mit Medien erziehen. Meine Kinder sollen lernen, sich gezielt das aus dem Netz zu holen, was für sie am wichtigsten ist, nicht sich fortwährend in einer Maschine vermarkten lassen, die größer und stärker ist, als wir alle.

Wetten Dass wir uns besser kennen?

Dass “Wetten Dass ..?” abgesetzt wurde, ist eine Revolution. Oder besser: es ist Teil und sichtbarstes Symbol einer Revolution. Gleichzeitig war “Wetten Dass ..?” mit seiner Erstausstrahlung ihr Beginn sowie mit dem Absetzen ein wichtiger Meilenstein derselben.

TV Historie

Als “Wetten Dass ..?” vor 34 Jahren herauskam, war es schon eine TV-Revolution. Es war die Show von uns Normalos. Und mit Thomas Gottschalk sprach diese Show dann auch seit 27 Jahren in der Sprache der Normalos zu uns – in unserer Sprache. Beides gab es vorher nicht. Normalos kamen im Fernsehen nicht vor – außer als Opfer irgendwelcher Katastrophen oder als Kasper in einer altbackenen Spielshow. Und die Sprache, selbst in den großen Spielshows von Kuhlenkampf, Rosenthal und Heck, war nicht die Sprache des Volkes.

“Wetten Dass ..?” machte Normalos zu Stars. Sie spielten nun nicht mehr eine vorgesehen Rolle als Opfer oder Teilnehmer eines Spiels, dessen Regeln sie nicht bestimmen konnten, sonder sie spielten ihr eigenes Spiel nach ihren eigenen Regeln. Die Sendung gab uns einen kleinen Einblick in das Leben von anderen Normalos und ihre teils absurden Hobbies. “Wetten Dass..?” war damit der Anfang von dem, was heute 90% des Programm-Inhaltes der Privaten Sender (die es damals noch nicht gab!) ausmacht. Und was sich zuletzt bei Gottschalk sehr bemüht locker anfühlte, war 1987 eine Sensation. Gottschalk hatte schon mit anderen Sendungen für ein jüngeres Publikum Erfolge gehabt: weil er eine natürliche kodderige Sprache ins Fernsehen brachte. Als erster.

Und beides zusammen machte “Wetten Dass ..?” zu einem 34 Jahre währenden Mega-Erfolg, der bis zuletzt der Quotensieger seines Sendetermins war. Die größte und erfolgreichste Show Europas über drei Dekaden. Weil wir uns kennen lernen wollten, Liebe Mitbürger. Es war auch der Beginn des einen Megatrends der letzten Dekaden des seriellen TVs. Der Blick in unsere Wohnzimmer.

Das Ende vom Anfang einer neuen Epoche

Und jetzt wird “Wetten Dass ..?” abgesetzt, was zeigt, dass die Revolution in vollem Gange ist. Denn so langsam kennen wir unsere Wohnzimmer. Die Privaten Fernsehsender hatten uns da schon weit gebracht. Aber da sie fast ausschließlich auf Voyeurismus zielten, war ihr Blick letztlich doch verstellt. Doch mit YouTube haben wir auch dieses Problem gelöst. Wir sehen uns gegenseitig beim Leben zu. Klar, wir bekommen nur die kleinen Ausschnitte mit, die es zu kleiner Berühmtheit schaffen, Warhol’s 15 Minutes of Fame. Nur, dass es meist eher so 1 bis 3 Minuten sind und manchmal auch nur 15 Sekunden. Aber es genügt. Wir kennen unsere Wohnzimmer, wir kennen uns ein wenig. Das macht “Wetten Dass ..?” irrelevant und uns zu Revolutionären.

Erlauben Sie? Roggendorf

Denn sehen Sie: wir kennen uns. Darf ich mich vorstellen? Ich bin übrigens Thorsten Roggendorf. Wir sehen uns auf Youtube, wir lesen uns in den Kommentarspalten. Wir chatten und flirten, debattieren und streiten, Grüßen und flamen uns im Internet und teilen Bilder unserer Katzen. Wir brauchen keine Gatekeeper mehr, denn wir haben jetzt Katzenbilder. Und das ist keineswegs so trivial und lächerlich wie es oft gemacht wird.

Gatekeeper waren dass zentrale Element der Welt, aus der wir kommen. Wir kannten uns nicht gegenseitig, konnten uns nicht kontrollieren und wussten nicht, ob die anderen uns nicht ausnutzten oder ob wir auf ihre Kooperation vertrauen können. Um das Problem zu lösen, wurden die Gatekeeper eingeführt. Die Bürokratie, der abstrakte Gesetzgebungsprozess, die mächtige und seriöse Exekutive – wir brauchten all das, um dafür zu sorgen, dass wir einigermaßen fair zusammenleben können.

Der Mensch ist das sozialste Tier

Doch nun kennen wir uns oder können uns zumindest kennen. Und das brauchen wir nun mal. Sie können es als primitiven Voyeurismus sehen oder als liebevollen Blick auf unsere Nächsten, als seelisches, audio-visuelles Lausen. Wir Menschen stammen von Tieren ab. Wir sind soziale Tiere, die in Gruppen leben von der Größe der Kleinfamilie bis zu wenigen hundert. In Gruppen, wo wir es noch mental auf die Reihe kriegen, jeden irgendwie zu kennen, einordnen zu können. Millionen Jahre haben wir ganz überwiegend so gelebt. Seit höchstens wenigen hundert, probieren wir es nun auch anders.

Aber wir bleiben Menschen, wir müssen unser Rudel kennen. Das ist vielleicht auch ein wichtiger Grund für unsere Intelligenz. Unsere soziale Intelligenz ist beeindruckend. Wir bauen extrem komplexe Modelle vom Verhalten unserer Mitmenschen auf. Wenn wir jemanden gut kennen, erkennen wir schon an winzigen Details, wenn etwas nicht stimmt. Und wir können in ziemlich großen Gruppen leben. Vielleicht ist das der evolutionäre Schlüssel unseres Erfolges als Spezies. Wir können größere Gruppen bilden als alle andere soziale Tiere (wenn man mal die strunzen-dummen Herden außen vor lässt, die kaum kooperieren). Und der Rest ist ein Neben-Effekt unserer hohen sozialen Intelligenz.

Bleibt alles anders

Doch wir machen momentan recht wenig aus dieser hohen sozialen Intelligenz. Weil wir uns in unseren zu schnell zu groß werdenden Gruppen aus den Augen verloren haben. Doch nun können wir uns wieder sehen. Und brauchen darum die Gatekeeper nicht mehr.

Gatekeeper sind die “Torwächter”. Sie halten alle Schlüssel in der Hand für die Gewährung und den Entzug der gesellschaftlichen Teilhabe und damit die Schlüssel zu einem zentralen Teil unserer Menschlichkeit. Gatekeeper haben wir in der Wirtschaft wie im Staat. Wir mussten diese immense Macht in die Hände einzelner legen, um ihren allzu krassen Missbrauch zu unterbinden. Denn ohne soziale Kontrolle – und die verloren wir in unseren zu groß gewordenen Gruppen – war dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet und er fand auch nur zu umfangreich statt.

Nun wiederum können wir uns wieder kennen und wir können andere Lösungen für unser Zusammenleben finden. Das Internet und die Informationstechnik erlauben es uns, die Gruppen, in denen wir menschlich zusammenleben können, noch einmal drastisch zu vergrößern. Durch das knüpfen von individuellen Netzwerken innerhalb der Mega-Gruppe der globalen Gesellschaft können wir unsere nun vergrößerte Horde, unseren Stamm wiederherstellen, ohne ihn wie früher zu einer geschlossenen, isolierten Einheit zu machen. Wir können und müssen das Konzept der Ehre wieder herstellen und ihr diesmal mitgeben, was ihr früher fehlte und wessen Fehlen sie zu einer Geißel der Gesellschaft machte: die Toleranz.

Wetten dass wir das hin-bekommen? Versagen wir, verlieren wir alle nicht nur diese Wette, gewinnen wir, gewinnen alle.

Anonymi tät uns nicht gut

Regeln formen unser Sein. Welche Regeln machen uns zu guten Menschen?

Das Leben ist kein Spiel. Und doch prägen uns die Spielregeln stärker, als wir gemeinhin glauben. Sie regeln nicht nur, welche Handlungsalternativen wir haben, sie beeinflussen auch teils erheblich wer wir sind. Unser Sein ist ganz oder teilweise bestimmt durch unser Tun. Und letzteres ist den Regeln unseres Zusammenlebens unterworfen.

Seins-Regeln

Die offensichtlichsten dieser Regeln sind unsere Gesetze. Doch wichtiger noch als diese sind subtilere Regeln, wie Benimmregeln. Ob wir reserviert, höflich oder gerade-heraus sind wird nicht zuletzt durch unsere Kultur geformt. Auch die subtileren Regeln sind ein Stück weit dem politischen System unterworfen, in dem wir zusammen leben. Das betrifft sicher nicht alle Menschen gleichermaßen, doch es genügt, Gesellschaften einen deutlichen Stempel aufzudrücken.

Es war mit Nichten so, dass um die Wende zum 20sten Jahrhundert eine abnorme Häufung böser Menschen in Deutschland geboren wurde, die dann die Mitte dieses Jahrhunderts zur Hölle auf Erden machten. Vielmehr lebte unsere Gesellschaft nach Regeln, die offensichtlich das Schlechteste in vielen Menschen heraus kehren. Gleiches lässt sich in geringerem Maße von den folgenden Regimen des Ostblocks und auch vom Neoliberalismus sagen.

Leitbilder

Es gibt einen universellen Antrieb der meisten Menschen, der herausragende Bedeutung für unser Zusammenleben hat. Es ist das Streben nach Anerkennung. Dementsprechend sind die Regeln nach denen sich diese Anerkennung erringen lässt von größter Bedeutung für unsere Gesellschaft. Noch vor hundert Jahren ging es um Ehre, dann um Blut und „Deutsche Tugenden“, heute um Geld.

All diese Leitbilder gegenseitiger Anerkennung sind nicht sonderlich angetan, unsere besten Seiten zum Vorschein zu bringen. Das liegt nicht daran, dass die Menschen schlecht sind. Wir sind, was wir sind. Doch unsere Regeln, die sind schlecht. Das Netz kennt ein hervorragendes Rezept, Schlechtes zu Tage zu fördern: Anonymität + Publikum. Das resultierende Phänomen wird liebevoll als Troll bezeichnet. Und Anonymität prägt unsere Gesellschaft zunehmend.

Spiel-Theorie

„Journey“ ist ein Spiel. Es ist auch eine Reise zu unseren guten Seiten.  Hier wurde offenbar ein Regelsatz entworfen, der das Beste in uns zeigt. Leider lässt sich das nicht auf unsere Gesellschaft übertragen. Dennoch empfehle ich, den verlinkten Artikel über Journey zu lesen.

Journey hat für eine bestimmte Klasse von Spielen einen Regelsatz gefunden, der das Beste in uns zum Vorschein bringt. Es ist das Ziel, das ich mit diesem Blog Verfolge: Regeln zu finden, die das Beste in uns zum Vorschein bringen. Dies sind einige meiner Regeln: Universelle Transparenz, das Gegenteil von Anonymität. Verteilung von Macht so breit wie möglich. Konzentration von Macht, stark genug um die Gesellschaft zu formen, aber so kurfristig, dass Missbrauch kaum möglich ist. Persönliche Verantwortung. Soziale Kontrolle und gegenseitige Anerkennung. Gegenseitige Verantwortung füreinander. Freiheit der Wahl der persönlichen Mikro- und Makrogesellschaft.

Es ist Krieg und wir alle kämpfen auf der falschen Seite

Mit unserem dauernden Rufen nach Datenschutz spielen wir genau denen in die Hände, gegen die wir uns eigentlich wehren wollen. Statt unsere Geheimnisse zu schützen müssen wir den anderen verbieten, Geheimnisse zu haben.

Willkommen im Informationszeitalter. Denn darum geht es. Information. Nicht Terrorismus, der Terror kommt aus der Glotze. Und ganz sicher nicht Kinderpornografie. Nein, Information, denn Wissen ist Macht. Und Geld. Und mit unserem dauernden Rufen nach Datenschutz spielen wir genau denen in die Hände, gegen die wir uns eigentlich wehren wollen.

Von Bösen und nicht ganz so Bösen

Es gibt da die Bösen – nein, diesmal nicht wir sondern russische Bot-Netze, koreanische Spammer, nigerianische Scammer, chinesische Produktpiraten, Hacker und Script-Kiddies aller Länder. Es gibt die, die wir Deutschen für so mittelböse halten und die Amis für Helden: Google, Facebook, Amazon, Apple, Microsoft und zahllose andere Netz-Firmen. Und dann gibt es die Guten, die uns vor all den mehr oder weniger Bösen beschützen wollen: Die Staaten mit ihrer Polizei und ihren Geheimdiensten.

Doch was sie alle letztendlich tun, ähnelt sich frappierend. Sie nehmen und sammeln Informationen. Und die, die in unserem System die Macht habe, verdienen sehr gut mit diesem Arrangement. Die USA sind eine Korporatokratie, ein Staat der von großen Unternehmen gesteuert wird. Wieso gibt dieser Staat mindestens 75 Milliarden jährlich für Geheimdienste aus?

It’s the Economy, Stupid

Wohl kaum wegen des Terrors. Natürlich spielt der Terror wegen unserer idiotischen Medien eine wichtige Rolle. Aber wenn es wirklich um unserer Sicherheit ginge, würden wir unseren Ärzten das Händewaschen besser bezahlen. Wenn es um die Menschen in Afganistan, Pakistan, Irak oder sonst wo ginge, würden wir einfach aufhören, ihnen zu verbieten, die Medikamente herzustellen, die sie benötigen.

Nein, es geht um Geld und Macht, um Information. Natürlich geht es auch um Wirtschaftsspionage. Doch wichtiger noch ist die Sicherung und der Ausbau des aktuellen Systems. Der Staat soll sich auf wenige Kernaufgaben zurückziehen, insbesondere Law and Order. Ziel ist ein Polizeistaat der den Mächtigen erlaubt, in Ruhe zu verdienen. Und weil dies nunmal das Informationszeitalter ist, muss dafür der Fluss der Information kontrolliert werden.

Man muss auch mal loslassen könne

Vielleicht gelingt es nach Prism tatsächlich eine Zeit lang, die Geheimdienste ein bisschen besser unter parlamentarische Kontrolle zu bringen. Das ist zwar abwegig, aber nicht ausgeschlossen. Doch selbst, wenn das vorübergehend gelingt, bleiben noch die Bösen und die Mittelbösen, die das gleiche tun. Das Ringen um Datenschutz ist ein Kampf, den wir nur verlieren können. Denn jede Schranke in der Informationswelt hilft nur denen, die sie umgehen können. Und umgangen  werden können sie alle. Wir machen unsere Feinde stärker und immer stärker.

Gewinnen können wir nur, wenn wir nicht kämpfen. Wir können Information, das flüchtigste aller Güter, nicht festhalten. Statt dessen muss es das Ziel sein, dass alle gleichen Zugang zu Information haben. Es scheint sich gerade – spät aber immerhin – die Einsicht zu verbreiten, dass nur freie Software unsere Information schützen kann. Doch das ist nur ein Schauplatz im Informationskrieg. Statt den Geheimdiensten zu verbieten unsere Geheimnisse zu stehlen, müssen wir ihnen verbieten Geheimnisse zu haben (ja, wir müssen sie abschaffen). Staat und Wirtschaft müssen völlig Transparent werden, nur dann haben wir eine Chance, einen kleinen Rest Privatsphäre zu retten – und nicht in einer Überwachungs-Dystopie zu enden.

Anti Amok Utopie

Wie müsste eine Gesellschaft aussehen, in der jeder schnell und risikolos an eine Kriegswaffe gelangen kann?

Es ist jetzt bestimmt zehn Jahre her, eher mehr. Doch die Erinnerung ist lebhaft. Denn es war das Highlight der Exkursion. Im Fraunhofer-Institut stand das Ding. Es war nicht der Grund, aus dem wir da waren. Wir wollten irgendeinen Laufroboter besichtigen. Doch dieser Plexiglaskasten war sehr viel eindrucksvoller. Primitiv zwar, doch unverkennbar standen wir vor dem Urahn des Star Trek Replikators. Ein früher 3D-Drucker im Fraunhofer-Institut.

Bei unserem Staubsauger ist diese Halterung rausgebrochen, wo man das Saugrohr im Lagerzustand reinhängt. Ich habe das Teil mit Blender modelliert. Ein Kollege hat jetzt einen 3D-Drucker und hat mir das Teil gedruckt. Der erste Versuch scheiterte an meiner Klebetechnik – habs zu heiß gemacht. Der zweite war ganz gut, aber ich hätte vorm Kleben schmirgeln müssen, hat nicht lange gehalten. Beim dritten experimentierte mein Kollege mit dem Material – zu schwach. Aber wir kriegen das in den Griff, kein Zweifel. Die Technik steckt für den Heimbedarf noch nicht mal in den Kinderschuhen sondern in so einem Säuglings-Strampler mit Söckchen dran. Doch das Potential ist unverkennbar.

Gewehr Gedruckt

Cody ist ein Ami. Und selbst für einen Ami sind seine Vorstellungen von Freiheit „interessant“ – wenn auch leider keineswegs einzigartig. Er findet, jeder sollte das Recht haben, mit Kriegswaffen rumzulaufen. Obama findet das nicht. Oder Obama sieht nach dem Newtown Massaker eine Chance mit dem Thema Wählerstimmen abzugreifen. Was auch immer. Aber nicht mit Cody. Cody arbeitet daran, mit einem 3D-Drucker ein Teil herzustellen, mit dem man aus einer Halbautomatik-Waffe eine Maschinengewehr machen kann. Und er druckt größere Magazine. Denn natürlich sollte jeder das Recht haben, mit fünfzig-Schuss Magazinen in seiner Kriegswaffe rumzulaufen – egal was Obama meinen lässt. Cody ist erfolgreich. 600 Schuss ohne Ausfall.

Ich war lange in keinem Fraunhofer-Institut mehr. Aber die Drucker haben die Forschungsanstalten eh lange verlassen. Sie krempeln gerade die Industrieproduktion um. Lasersintern. Selektives Laserschmelzen. Damit lässt sich Metall und Keramik drucken. Ich versteh nichts von Metallurgie. Aber die Technik – Laser, Argon-Athmosphäre, diverse Stähle als Werkstoffe – klingt für mich, als könnte man damit grundsätzlich auch Waffenstahl drucken. Man kann Härten und Anlassen, den Kohlenstoffanteil und die Legierung wählen. Durch die ultradünnen Schichten hat man unvergleichliche Kontrolle über die Materialeigenschaften. Im Zweifelsfall müssen die Läufe deutlich dicker sein als bei High-Tech-Waffen. Das macht sie schwerer aber nicht weniger tödlich.

Amok auf Abruf

Wann kommt diese Technik in unseren Haushalten an? Meine Tochter erklärt meiner Frau ihr Handy. Erklärt meine Enkelin meiner Tochter dereinst ihren Lasersinter? Druckt mein Enkel eine Kalaschnikow, wenn er das Mobbing nicht mehr aushält?

Heute bereiten sich Amokläufer lange auf ihre Tat vor. Das schwierigste und langwirigste ist die Waffenbeschaffung. Das ist viel Zeit für Zweifel. Wie muss eine Gesellschaft aussehen, in der jeder, sofort, ohne Risiko, ohne großen Aufwand, ohne Probleme oder Kosten, eine Kriegswaffe drucken kann?

Um das gleich mal aus der Welt zu schaffen: Es gibt da nicht die eine Lösung, auch keine simplen Lösungen, es ist nicht ganz einfach und es wird ganz bestimmt nicht alles gut.

Verbrechen Deorganisieren

Der wichtigste Aspekt im Umgang einer Gesellschaft mit der Verfügbarkeit schwerer Waffen ist das organisierte Verbrechen. Darauf will ich jetzt aber gar nicht groß eingehen. Die USA demonstriert überzeugend, dass man dem mit Null-Toleranz und Sicherheitspolitischer Aufrüstung nicht Herr wird. Man kann dem organisierten Verbrechen aber beikommen, indem man ihm die Grundlage entzieht. Ich habe das für Drogen-Handel mal hier dargelegt und für Menschen-Handel hier. Für Drogen beweist Portugal übrigens seit einem Jahrzehnt, dass das keinesfalls ein Hirngespinst ist.

Der Waffenhandel erledigt sich ja vermutlich von selbst. Schrecklich, aber nun geht es ja gerade darum, wie man damit umgehen kann. Andere Betätigungsfelder des organisierten Verbrechens lassen sich durch allgemeine wirtschaftliche Transparenz bekämpfen, wie ich sie z.B. hier und hier analysiere.

Gemeinschaft gegen Amok

So. Zum Thema. Amok. Das Problem verschärft sich vor allem dadurch, dass Waffen leicht und schnell zugänglich sind. Es ist davon auszugehen, dass die heute „erfolgreichen“ Amokläufer nur ein winziger Bruchteil derer sind, die grundsätzlich in Frage kämen. Nur die, die ihr Vorhaben über Monate konsequent verfolgen, laufen heute Amok. Wenn ein gemobbter Schüler am nächsten Tag mit einer Uzi in der Tür des Klassenraumes stehen kann, dürfte das ein Problem werden. Gleiches gilt für die Gemobbten, Geschassten, Aufgegebenen, Ausgeschlossenen in Schulen, Fabriken, Büros, Arbeitsämtern, Altenheimen und so weiter.

Das Amok-Potential unserer Gesellschaft ist erschütternd, weil wir es uns leisten, so, so viele aus unserer ohnenhin atomisierten Gemeinschaft auszuschließen. „Gemeinschaft“ ist das Schlüsselwort. Wenn jeder beim nächsten Treffen mit einer automatischen Waffe auftauchen kann, gibt es zwei Möglichkeiten, dem zu begegnen: Wir rüsten alle auf. Oder wir vertrauen einander.

Vertrauen setzt aber Vertrautheit voraus, Gemeinschaft. Wenn wir nicht zu einer Gesellschaft von Waffennarren werden wollen, müssen wir wieder eine Gemeinschaft werden. Wir müssten zum Beispiel die Getthoisierung von all jenen aufgeben, die ihr Leben (noch) nicht auf dem Altar des Konsums opfern, wie ich hier erörtere. Wir müssten allen eine Chance geben, mit uns zusammen etwas zu unserer Gesellschaft beizutragen. Dazu müssen wir uns Regeln geben, die Arbeit verteilt und mehr nach persönlichem Einsatz entlohnt als nach persönlicher Chancenlosigkeit.

Wir müssten aufeinander achten und dazu müssten wir ein Stück von unserer eingebildeten Privatsphäre abgeben. Wir müssten mehr Zeit miteinander verbringen als damit, uns zu besseren Konsumenten erziehen zu lassen. Und wir müssten füreinander Verantwortung übernehmen. Diesen letzten Artikel habe ich noch nicht geschrieben. Wird nachgeliefert.

Von Gläsern, Dietrichen und der großen Freiheit

Wir glauben Freiheit für unsere Sicherheit eintauschen zu können und verlieren dabei beides.

Meine Thesen sind radikal. Denn es sind die Kompromisse, die ich einer radikalen Realität abringe. Vor über zehn Jahren schrieb ich am ersten Entwurf der Utopie, die Thema dieses Blogs ist. Ich entwarf eine Gesellschaft, in der jeder jeden Moment seines Lebens dokumentiert. Eine Gesellschaft ohne Verbrechen, Misstrauen … Privatsphäre. Nun – etwas später als ich damals erwartete – steht das Life-Logging-Device vor unserer Tür: Google-Glass. Und ich habe meine Meinung geändert.

Wir können und müssen unsere Privatsphäre noch ein bisschen schützen. Doch um das zu tun, müssen wir unseren Begriff von Privatheit sehr viel enger fassen als es den meisten lieb ist.

Als ich mit diesem Thema anfing, gab es Handys, Digitalkameras, erste soziale Netze und Moore’s Law. Es war ziemlich klar, dass das Life-Logging-Device kommen würde. Heute sind ein paar andere Dinge ebenso klar.

2023

Ein Ausflug in die Welt von 2023 – wenn unsere Kultur bis dahin nicht kollabiert. Überwachungskameras auf öffentlichen Plätzen werden langsam bedeutungslos, weil autonome Automobile jeden Quadratzentimeter mit Infrarot, Radar, Ultraschall und Video abscannen. Mit dem Arsenal, kann man vielleicht auch schon einfache Lügendetektoren verwirklichen. Mini-Drohnen erledigen kleine Kurierdienste und liefern Sensor-Überwachung aus der Luft. Unsere Handys, Wrist-Screens oder was auch immer registrieren unsere Position, Richtung, Beschleunigung. Glass-ähnliche Geräte erfassen uns aus unmittelbarer Nähe. Jeder Druck auf einen Lichtschalter wird von einem intelligenten Stromzähler registriert. Bewegungsmelder, Heizungen, Ladegeräte und weitere Elemente des allgegenwärtigen Energie-Managements umgeben uns mit ihren Sensoren und Netzwerken.

Mehr Mauern!

Wers mag kann sich bei diesen Aussichten ordentlich gruseln und auch gleich noch mal auf Google Glass schimpfen. Ändern wird das nichts. Mich gruselt es vor der sozialen Vision, die der Mainstream für diese Zukunft vorsieht.

Wir wollen eine Welt voller Mauern und Zäune. Man kann keine paar Meter gehen, ohne vor einer Tür zu stehen. Und alle diese Türen sind fest verschlossen. Nur für ganz wenige habe ich einen Schlüssel. Was hinter diesen Türen liegt, bleibt mir verborgen. Aber einige Menschen – gar nicht mal so wenige – haben Generalschlüssel. Einige haben auch Dietriche und das Wissen, damit Türen zu öffnen.

Die Menschen mit den Generalschlüsseln bestimmen, wie das Manna dieser magischen Zukunft – die Information – durch die Knoten des allgegenwärtigen Informationsnetzes fließt. Sie legen falsche Spuren in Amazon-Bewertungen und Facebook-Profilen und zeigen den Menschen nur das, was diese sehen sollen, lenken sie dahin, wo sie sie haben wollen.

„Together the powerful spy on the powerless, and they’re not going to give up their positions of power, despite what the people want.“

Bruce Scheier in The Internet is a surveillance state

Alu gegen Freiheit

Unsere Leben verlagern sich mehr und mehr in die Welt der Information. Diese ist ein dystopischer Gefängnisstaat. Und die, die unser Streben nach Freiheit anführen sollten, die digitalen Bürgerrechtler, setzen sich Aluhüte auf und schreien nach dickeren Gefängnismauern. Was ist nur aus uns geworden? Freiheit war über Jahrtausende das Ziel, das die Beherrschten einte. Und heute? Heute geht es nicht um Freiheit, sondern um Sicherheit. Die Sicherheit einer Gefängniszelle. Wir glauben Freiheit für unsere Sicherheit eintauschen zu können und verlieren dabei beides. Ich will das nicht. Ich will Freiheit.

Doch dafür muss ich akzeptieren, was heute schon eine verdrängte Wahrheit ist. Es gibt keine garantierte Privatheit digitaler Information. Privatheit gibt es in meinem Kopf und in meinen eigenen vier Wänden – wenn ich Glück habe. Darüber hinaus wird es sehr schnell sehr dünn mit der Privatheit.  Wenn ich schon keine garantierte Privatheit jenseits eines sehr engen Bereiches haben kann, dann will ich wenigsten all die Vorteile, die Offenheit und Transparenz hat. Und ich will Freiheit.

Sicherheit schlägt Privatsphäre

Big Data bedroht Privatsphäre, die schleichende Obsoleszenz des Sicherheitskonzeptes „Passwort“ erfordert Kompromisse bezüglich der Privatsphäre: Schranken im Datenozean nutzen Nutzern nicht.

Ich bin zufällig über zwei fast zeitgleich erschienene Artikel gestolpert. Beide haben unterschiedliche Themen und unterschiedliche Stoßrichtungen. Der erste befasst sich mit Big Data und seinen verheerenden Auswirkungen auf die Privatsphäre. Wie aus der Schmiede der Aluhüte – Netzpolitik.org – nicht anders zu erwarten, erschöpft er sich in einer lächerlich inadäquaten Forderung nach „Datenbriefen“, die die erfassten Daten für die geneigten Nutzer nachvollziehbar machen sollen. Naja, für Elitenerds zumindest, die eine ungefähre Vorstellung entwickeln können, was sich mit gegebenen Datensätzen anfangen lässt.

Der zweite Artikel hingegen ist ein überaus hellsichtiges Dokument. Aus seinem persönlichen harten Schicksalsschlag – dem Verlust seiner Online-Identität durch gecrackte Accounts – zieht der Autor nicht etwa die üblichen Schlüsse: Forderungen nach mehr Sicherheit, Offenlegung von Sicherheitslücken und so weiter. Nein, er hat sich auf eine Odyssee zur Erforschung von Online-Sicherheit begeben und kommt zu dem Schluss, dass Passwörter ausgedient haben.

Interessant und symptomatisch ist das, was beide Artikel verbindet: Wenn man ein paar Daten zusammen nimmt, ergeben sich plötzlich neue Informationen. Der Big Data Kritiker beklagt, dass man mit Alter, Geschlecht und Wohnort bereits die meisten Menschen eindeutig identifizieren kann. Der Passwort-Kritiker begrüßt, dass Aufenthaltsort, Stimme und Aussehen eine ziemlich gute Identifikation hergeben. Des einen Leid ist des anderen Freud.

Während unsere Alu-behüteten Landsmänner noch der Illusion digitaler Privatsphäre huldigen, hat der seiner Online-Identität verlustig gegangene Autor erkannt, dass Informationstresore nur den Banken und Tresorknackern dienen; dass in unserer Gesellschaft der Wettbewerb zwischen Privatsphäre und Effizienz keiner ist, weil Privatsphäre irrelevant wird, wenn es um Effizienz geht.

Was beide übersehen, obwohl es der Passwort-Artikel andeutet, ist das große Bild hinter beiden Phänomenen. Wir leben mittlerweile mit einem Ozean von Daten. Viele leben zu einem guten Teil darin. Der Versuch, den Ozean zu kanalisieren, Grenzen, Schranken und Barrieren einzubauen, nutzt am allerwenigsten den normalen Nutzern. Schranken dienen immer am meisten denen, die sie umgehen können. Wie so oft sind das große Konzerne und kleinere Verbrecher.

Imagine Trust

Imagine finding people with the right competencies, people whom you could trust to solve your problems were utterly trivial.

Lend me your mind, imagine. Imagine yourself in a foreign country, in a huge city, in distress. Imagine you pull out your smartphone, fire up that app, and make your choices. You sway its camera at the hundreds of passersby. There, it highlights that gal, highlights her because out of the hundreds of people around you she is the one you chose. She is trustworthy, kind, helpful, speaks your language and knows what it takes to get you out of your calamity. “Excuse me miss?” You are right on your way out of your dire straights.

Imagine you are in a room full of the strangers you called upon to help with this new project. Right when you get up to commence this start up meeting the door opens. Your phone gives off a tiny sound. Its asshole alarm. No problem, nothing to worry about. Maybe you’ll read up on what caused people to label this latecomer so unfavorably. You may talk to him about it and tell him what you expect of him. Or you’ll just have an eye on him throughout the project.

Imagine you lived in a world pervaded by an ubiquitous network. Imagine a globe spanning web of people, linking you, me, everyone. Cliquism, nepotism, cronyism, favoritism … these are all solutions to a fundamental problem in the organization of human society – the problem of finding people who you can trust to rise to the challenges you set them. We will not need these superannuated solutions. We may not even need hierarchies.

All we need is to know about each other. We need to know about our capabilities and characters. Or rather, we just need a way to find out, a way that is considerably easier than what we have. The good news is, we already have that knowledge. We just need to share it. With this knowledge at our fingertips there is nothing that the web of people cannot do. We can change our lifes and the organization of the world by sharing this knowledge.

This is what Ki is Who Wi is about – sharing that kind of knowledge. The original article about this idea is here. The project is currently under development hereKiIsWhoWi the Who is Who Wiki matters because the Key is who we are.

Buchbesprechung: Toggle

Besprechung des Romans „Toggle“ von Florian Felix Weyh.

Bin ich käuflich? Natürlich. Lediglich der Preis hat mich überrascht: ein wenig heiße Luft mit der ich mein ohnehin beachtliches Ego noch etwas aufblasen darf. Ein Buch in meiner Post. Habe ich nicht bestellt, bestimmt für meine Frau. Nein, ist es nicht. Dabei ein Hinweis, dass es nicht vor dem 5.1.2012 zu besprechen sei. Ich bin ein ganz, ganz kleiner Stern am Blogger-Himmel. Wenns nicht irreführend wäre, schriebe ich „ein brauner Zwerg“. Ein Buch, genaugenommen eine „ACHTUNG! Gebundene Fahne“. Ohne Kommentar. Für den hochberühmten Blogger Thorsten „Schrotie“ Roggendorf (steht da nicht). „Bitte nicht vor dem 5. Januar 2012 besprechen“. Ich lese schon lange kaum Bücher. Keine Zeit. Natürlich habe ich das gelesen.

Kurzurteil, Maßstab

Nach dieser überflüssigen autoerotischen Einleitung mach ichs kurz: „Toggle“, ein Roman von Florian Felix Weyh (bei Amazon). Lesen? Ja! Wenn Sie mein Blog auch sonst mal lesen und zudem Roman-Rezensionen goutieren lautet die Antwort wahrscheinlich „ja“. Mein Maßstab für eine Empfehlung von Belletristik ist ihr Bezug zur Conditio Humana. Ein (fiktionales) Buch muss mir irgendetwas über den Menschen sagen. Es kann auch sprachlich herausragen, aber das trifft hier nicht im geringsten zu. Und es muss immerhin so minimal unterhaltend sein, dass ich durchhalte.

Kritik

Das Erstellen von moderner Unterhaltungsliteratur des Mainstreams ist keine Kunst. Es ist ein Handwerk, eins, das Weyh versteht. Kurze Kapitel, die gerne mit Cliffhangern enden. Mehrere Erzählstränge und Spannungsbögen von denen immer jeweils mindestens einer die Spannung hält. Reichtum, Jetset, Macht, Intrige, sinistre Weltverschwörung, pittoreske Ausflüge ins 18. Jahrhundert, ein, zwei Sprenkeln Sex. Das Übliche. Die Protagonisten sind flach, für Charakterentwicklung ist kaum Zeit zwischen den Spannungsbögen. Einzig eine Figur ist immerhin recht unterhaltsam. In ihr gelingt es Weyh, einige Aspekte der Hackerkultur zu destillieren. Dazu mischt er ein gerüttelt Maß an Spackeria was ihm vielleicht die Empfehlung des CCC kosten mag, seine Figur aber deutlich interessanter macht.

All dies macht das Buch hoffentlich einem größeren Publikum zugänglich. Denn die Hauptrolle spielen nicht Menschen. Sondern eine Formel. Jeder Autor weiß, dass er mit jeder Formel die Hälfte seiner an dem Punkt verbliebenen Leserschaft verliert. Und Weyh gelingt es, ein ganzes Buch über eine hypothetische Formel zu schreiben, dabei kontinuierlich zu unterhalten und mutmaßlich niemanden zu verschrecken. Auf die konkrete Formel – den Algorithmus – kommt es dabei nicht an.

„Toggle“ muss man wissen ist Google. Das „Toggle“-Logo auf dem Umschlag lässt daran nicht den geringsten Zweifel. Ähnlich subtil sind zahlreiche andere Bezüge auf reale Personen und Unternehmen in Weyhs Buch.

Toggle und Myface (Facebook) messen uns Menschen. Sie messen uns einen Wert zu. Und das ist beileibe nicht nur unser Wert fürs gezielte Marketing, wie Weyh anschaulich verdeutlicht: „In Myface […] bekommt man Aufmerksamkeit zugeteilt und […] auch seinen politischen und […] menschlichen Wert.“ Das ist nichts, was der Autor um seinen Plot herum konstruiert, sondern die Realität hier im Netz (Stichwort „Aufmerksamkeitsökonomie„). Und natürlich gibt es nicht nur unseren persönlichen politischen Wert sondern ebenso den der Unternehmen, denn „Toggle bestimmt die Realitätswahrnehmung der Wähler“ (man „toggle“ mal „Filterblase“ zu dem Thema). In diesem Spannungsfeld entwickelt Weyh verschiedene Dystopien/Utopien, die von bekannten Strömungen im Netz abgeleitet sind. Und im Gefecht seiner Protagonisten versteckt sich eine recht differenzierte Erörterung dieser Ideen.

Doch letztendlich sind heute Herrscher wie Beherrschte der eigentümlichen Dynamik des Netzes ausgeliefert. So legt Weyh einem seiner Protagonisten in den Mund, „[…] dass Machtfragen Resonanzfragen sind“. Und deshalb macht es langfristig auch keinen Sinn, uns ein Gesellschaftssystem aufzuzwingen. Auch nicht, wenn man das noch so clever anstellt: „Und welchen Stellenwert nimmt die Intelligenz dabei ein? […] Denselben wie im Leben […] Den einer unwillkommenen Störvariablen.“ Danke auch für diese Wahrheit, die unsere Gesellschaft so gar nicht hören will.

All dies nimmt nur einen ziemlich kleinen Teil des Romans ein. Die Hauptrolle spielt die Unterhaltung. Die ist immerhin ganz unterhaltend und vermeidet weitgehend zu groben Stuss der technikaffinen Lesern die Fußnägel aufrollen würde. Ganz ohne geht es natürlich nicht. Prominentes Beispiel ist die Auflösung des Technik-Dilemmas des Buchs. Dafür ist eben dieser Punkt eine elegante dramaturgische Wendung. Gegen so etwas zieht technische Plausibilität wohl immer den Kürzeren.

Fazit

Das Buch kann sich in vielem mit dem messen, was so die Bestsellerlisten bevölkert. Es enthält zudem sehr interessante und hochrelevante Gedanken übers Netz und seine Bewohner, die differenziert dargelegt werden. Für mich ist „Toggle“ ein Gewinn und ich wünsche ihm ein großes Publikum.

Mobbing als Chance

SchülerVZ gibt Schülern die Möglichkeit, sich gegenseitig zu beurteilen. Nur positive Bewertungen werden angezeigt. Ganz klar: das ist eine Mobbingplattform. Oder?

Ahhh, Weihnachtszeit, Zeit der Liebe, Zeit auf diesen dummen geldgeilen unfähigen Arschlöchern von SchülerVZ rumzuprügeln. Zeit mich unbeliebt zu machen.

Kontext: SchülerVZ gibt Schülern die Möglichkeit, sich gegenseitig zu beurteilen. Nur positive Bewertungen werden angezeigt. Ganz klar: das ist eine Mobbingplattform.

Ich war immer ein Außenseiter. Privat, in der Schule, an der Uni. Ich hatte entweder großes Glück, oder auf meiner Stirn steht einfach nicht „Opfer“. Jedenfalls hatte ich das Glück, stets zusehen zu dürfen, wie andere gemobbt wurden statt selbst das Opfer zu sein. Aber soweit ich mich erinnere, war praktisch immer irgendwer das Opfer. Mal war es schlimmer, mal aber auch absolut persönlichkeitszerstörend. Ja, gab auch friedliche Zeiten. Und es war nie ein Geheimnis unter uns Kindern. Es war völlig klar, wer dran war. Es war natürlich auch immer klar, wer beliebt ist und wer nicht.

Willkommen im Netz. Plötzlich können Eltern das ganze Ausmaß dieser brutalen Misshandlungen sehen. Und was passiert? Shitstorm! Weg damit, hinter die bürgerliche Fassade!

Mir scheint, SchülerVZ dokumentiert für die Schüler nichts, was die nicht ohnehin wüssten. Einige bekommen wahrscheinlich eine Gelegenheit zur Korrektur ihres Selbstbildes. Aber durchs Netz geht ein Sturm der Entrüstung. Was ist mit den armen Kindern, die weniger Punkte kriegen als die anderen??? Ja was denn? Die bekommen eine Gelegenheit zu erkennen, dass das Leben kein Beliebtheitswettbewerb ist. Dass 1000 Facebook Freunde einen Scheiß bedeuten im Vergleich zu einem echten Freund.

Und wir Älteren bekommen die Gelegenheit, zu sehen, was da passiert. Wir können unsere Kinder Fragen, was da los ist, ob die oder der unbeliebt sind. Mobbing gibt es immer. Cybermobbing hat sicher schreckliche Aspekte, die real life Mobbing nicht hat. Und hier macht SchülerVZ den riesigen Fehler, Anonymität zu gewähren. Wer andere bewertet, soll gefälligst mit seinem Namen dafür stehen. Hinten rum geht gar nicht. Chance verpasst SchülerVZ.

Lasst uns wenigsten versuchen, diese Chance zur Teilhabe am Leben unserer Kinder zu nutzen. Mobbing so schnell wie möglich zu erkennen. Und zu handeln.